Globale Produktionsstrategien in der Automobilzulieferindustrie - Erfolgsmuster und zukunftsorientierte Methoden zur Standortbewertung

von: Steffen Kinkel, Christoph Zanker

Springer-Verlag, 2007

ISBN: 9783540707967 , 220 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 46,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Globale Produktionsstrategien in der Automobilzulieferindustrie - Erfolgsmuster und zukunftsorientierte Methoden zur Standortbewertung


 

4 Standortentscheidungsrelevante Zukunftstrends für Automobilzulieferer (S. 31-32)

4.1 Eingrenzung des Analysegegenstandes

Die Automobil- und Automobilzulieferindustrie bewegt sich in einem dynamischen Umfeld, dessen Intensität mit wenigen Branchen vergleichbar ist. Seit den 90er-Jahren haben sich in der gesamten Industrie dramatische Umbrüche ergeben. Neben Internationalisierung, sprunghafter Technologieentwicklung und veränderter Arbeitsteilung stehen auch die Zunahme der Modellvielfalt und die Verkürzung der Produktlebenszyklen stellvertretend für eine Vielzahl von Veränderungen. Diese und andere Veränderungen in der Automobilindustrie hatten weitreichende Auswirkungen auf die Standortplanung und -entscheidung der Automobilzulieferer. Beispielhaft seien die Ansiedlung zahlreicher Zulieferer in Zulieferparks nahe den OEM-Produktionsstätten und der Aufbau von Wertschöpfungskapazitäten in osteuropäischen und asiatischen Ländern genannt. Diese Trends gelten zunächst für die Vergangenheit. Zu Fragen, ob und wieweit diese Entwicklungen fortgesetzt werden, sie abgelöst werden oder neue Entwicklungen zu weiteren radikalen Umbrüchen führen, können gesicherte Auskünfte nur schwer gegeben werden.

Gemäß ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung beschäftigen sich viele Experten mit der Zukunft der Automobilindustrie. Für besondere Aufmerksamkeit sorgen in regelmäßigen Abständen umfangreiche Studien von Unternehmensberatungen (z. B McKinsey/PTW 2003, Mercer/FhG 2004b, PWC 2004b, Booz Allen Hamilton 2005, Boston Consulting Group 2004), Banken (z. B Deutsche Bundesbank 2004, IKB 2005) und forschungsnahen Einrichtungen (z. B CAR/PWC 2002, Dudenhöffer 2004, Nunnenkamp 2004, Wildemann 2004a), die detaillierte Prognosen über die Entwicklung von Teilbereichen oder der gesamten Automobilindustrie bieten.

Diese Thematik wird auch in einigen Monographien, Sammelbänden, Fachaufsätzen und Zeitschriftenartikeln diskutiert. Alle diese Publikationen geben ein sehr breites Spektrum an Tatsachen, Ansichten und Meinungen wieder, welche häufig eine inhaltliche Ähnlichkeit aufweisen, aber teilweise auch konträre Ansichten vertreten. Trotz dieser Vielfalt an Publikationen lassen sich kaum Ansätze finden, die die zukünftigen Entwicklungspfade in Zusammenhang mit ihren Auswirkungen auf Standortentscheidungen von Automobilzulieferer stellen. Die meisten Arbeiten beschäftigen sich entweder mit Entwicklungstrends oder mit Standortentscheidungen, stellen diese jedoch nicht in Bezug zueinander. Ein weiteres Manko ist die fast ausschließliche Fokussierung der Untersuchungen auf die Zielgruppe der Automobilhersteller und große Zulieferkonzerne.

Dem Gros der Zulieferindustrie, den kleinen und mittelständischen Betrieben, wird nur ansatzweise Beachtung geschenkt. Die Bedeutung und die Aktualität der Standortentscheidungsthematik für Automobilzulieferer werden bei einer näheren Betrachtung der Verteilung der Produktionsstandorte bzw. -kapazitäten der deutschen Zulieferindustrie deutlich. Diese hat sich seit Mitte der 90er-Jahre wesentlich geändert (KPMG 2005c). In noch stärkerem Maße wie die OEMs investieren Zulieferunternehmen in ausländische Produktionsstandorte. Im Vergleich zum Jahr 1998 ist die Anzahl der Auslandsstandorte um 165 Prozent gewachsen (Gottschalk 2004).

Mit Abstand führen die Regionen „Mittel-/ Osteuropa" und „China" mit einem Zuwachs von 442 Prozent bzw. 500 Prozent die Rangliste an. Aus dieser Entwicklung ergibt sich, dass circa ein Drittel der Standorte in Westeuropa, jeweils 17 Prozent in Mittel-/ Osteuropa und den NAFTA-Staaten und 7 Prozent in China liegen. Die relative Zunahme der ausländischen Produktion von Vorleistungen für die Automobilindustrie zeigt sich daran, dass das Verhältnis Export zu Import, welches im Jahr 1980 bei 4 zu 1 lag, im Jahr 2002 nun bei 1,7 zu 1 liegt (Nunnenkamp 2004). Besonders rasant angestiegen ist der Import von Vorleistungen aus Ländern mit vergleichbar niedrigem Pro-Kopf- Einkommen und dementsprechend niedrigen Arbeitskosten.1 Der Anteil dieser Länder liegt mittlerweile bei circa 41 Prozent, wobei innerhalb dieser Gruppe die ehemaligen Ostblockstaaten mit einem Anteil von mehr als zwei Dritteln eine dominante Stellung einnehmen.