Rechtsfragen der Präimplantationsdiagnostik

von: Christian Dierks, Albrecht Wienke, Wolfgang Eisenmenger

Springer-Verlag, 2006

ISBN: 9783540451815 , 128 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 64,99 EUR

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Rechtsfragen der Präimplantationsdiagnostik


 

Pränatale Diagnostik und Präimplantationsdiagnostik auf dem Prüfstand des österreichischen Rechts Erwin Bernat (S. 26-27)

I. Vorbemerkung

Die Diskussion der Frage, ob – und gegebenenfalls in welchem Ausmaß – der Einsatz der pränatalen Diagnostik (PND) und der Präimplantationsdiagnostik (PID) legitim ist, verläuft in Österreich nicht anders als in Deutschland: Auch in Österreich kann man sich schon über Grundsätzliches nicht einigen, und ein Konsens auf der Ebene der Rechtspolitik steht in weiter Ferne. Dieser Befund ist freilich alles andere als überraschend. Denn im Kern ist die gegenwärtige Debatte nichts anderes als eine Variation über ein altes Thema, nämlich den Schwangerschaftsabbruch. Diese Debatte wird nun vor dem Hintergrund neuer diagnostischer Verfahren fortgeführt, sie ändert aber nichts an den zwei altbekannten Grundfragen. Erstens: Gibt es ein Recht des Embryos auf sein Leben? Und zweitens: Welchen Stellenwert hat der Wunsch einer Frau (eines Paares), abtreiben zu lassen?

Zu diesen beiden Fragen gesellt sich nun aber eine dritte. Diese Frage lautet: Ist das Interesse, über bestimmte unerwünschte Eigenschaften des Ungeborenen Bescheid zu wissen, durch Recht und Moral zu schützen? Die Frage, ob Eltern das Recht haben, entsprechend informiert zu werden, ist freilich unmittelbar mit den zuvor erwähnten – und aus der Schwangerschaftsabbruchsdebatte wohlbekannten – Grundfragen verknüpft. Anders gewendet: Wer ein Recht von Embryonen auf das Leben dem Grunde nach anerkennt, darf die Frage, ob es legitim ist abzutreiben, eigentlich gar nicht mehr stellen.1 A fortiori verbietet es sich in diesem Fall, darüber nachzudenken, ob es einen Anspruch gibt, über bestimmte unerwünschte Eigenschaften des Ungeborenen informiert zu werden. Und wer umgekehrt ein starkes Recht von Frauen auf Abtreibung bejaht, der muss die Frage, ob denn ein grundsätzliches Recht des Embryos auf sein Leben anerkannt werden darf, dem Grunde nach verneinen.

Denn ein Recht des Ungeborenen, nicht getötet zu werden (d. h. sein Lebensrecht), schließt das Recht einer Frau auf Abtreibung (d. h. auf aktive Tötung der Leibesfrucht) mehr oder weniger kategorisch aus. Und hätte auch der Embryo in vitro ein Recht auf Leben, dürfte keinesfalls entschieden werden, ihn einfach absterben zu lassen (d. h. ihn passiv zu töten).3 Das Recht auf Abtreibung und das Entscheidungsrecht der Frau darüber, ob ein in vitro gezeugter Embryo in ihren Körper übertragen werden soll, führen allerdings nicht zwangsläufig zu einer (kategorischen) Erlaubnis von PND und PID. Zwar können diese Verfahren (unter der Annahme entsprechender Freiheitsrechte der Frau) keine Rechte des Ungeborenen verletzen, aber es mag vielleicht gute Gründe geben, PND und PID dennoch nicht – oder zumindest nicht uneingeschränkt – zuzulassen, etwa Gründe sozialer Natur.

II. Präimplantationsdiagnostik und pränatale Diagnostik im österreichischen Recht

Der Begriff Präimplantationsdiagnostik ist im österreichischen Recht genau so wenig verbum legale wie im deutschen. Dessen ungeachtet ist die PID durch § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 des 1992 verabschiedeten Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG)4 verboten worden. Dort heißt es nämlich:

„Entwicklungsfähige Zellen dürfen nicht für andere Zwecke als für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden. Sie dürfen nur insoweit untersucht und behandelt werden, als dies nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erforderlich ist."