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Gefährliche Eigenschaften, Einstufung und Kennzeichnung
2.1 Einführung in die Einstufungssysteme
Die Einstufung gefährlicher Stoffe durfte bis 01.12.2010 für Stoffe gemäß Anhang VI der EG-Stoffrichtlinie 67/548/EWG [1] erfolgen.
Seit dem 01.12.2010 müssen Stoffe nach EG-Verordnung 1272/2008 [2], bekannt als CLP-Verordnung (Classification Labelling Packaging), eingestuft und gekennzeichnet werden. Da die CLP-Verordnung auf dem Einstufungssystem der UN basiert, wird sie auch als GHS-Verordnung (Globally Harmonized System) bezeichnet. Für Zubereitungen ist die Einstufung gemäß der bisherigen Zubereitungsrichtlinie 1999/45/EG [3] noch bis zum 01.06.2015 zulässig, vor diesem Zeitpunkt erstmalig in Verkehr gebrachte Gemische dürfen noch bis zum 01.06.2017 mit der bisherigen Kennzeichnung vermarktet werden. Die Inhaltsstoffe von Zubereitungen sind bei Benutzung der Zubereitungsrichtlinie nach dem Einstufungsleitfaden der Stoffrichtlinie 67/548/EWG, Anhang VI, einzustufen. Daher werden in diesem Lehrbuch beide Einstufungssysteme beschrieben. Da die CLP-Verordnung das künftige Einstufungssystem darstellt, wird es prioritär beschrieben.
Die CLP-Verordnung stuft die gefährlichen Eigenschaften in insgesamt 28 Hauptgefahren, die sogenannten Gefahrenklassen ein, die wiederum in insgesamt 89 Kategorien bzw. Untergruppen untergliedert sind, siehe Abbildung 2.1. Im Gegensatz hierzu kennt die EG-Richtlinie 67/548/EWG nur 15 Gefährlichkeitsmerkmale (siehe Abbildung 2.2), die in 18 Untergruppen/Kategorien differenziert sind.
Abb. 2.1 Gefahrenklassen nach EG-VO 1272/2008 (CLP)
Abb. 2.2 Gefährlichkeitsmerkmale nach EG-RL 67/548/EWG
Analog dem bisherigen Einstufungssystem kann die korrekte Einstufung von Stoffen und Zubereitungen nicht dem Piktogramm bzw. dem Gefahrensymbol entnommen werden, hierfür müssen die H-Sätze nach CLP-Verordnung bzw. die R-Sätze nach der Stoffrichtlinie benutzt werden. Piktogramm und Gefahrensymbol bieten lediglich eine grobe, visualisierte Darstellung, die die Hauptgefahr symbolisiert.
2.2 Gefährliche Eigenschaften: Physikalische Eigenschaften
2.2.1 Explosiv bzw. explosionsgefährlich
2.2.1.1 Explosiv gemäß CLP-Verordnung
Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse fallen nach Anhang I der CLP-Verordnung [2] in die Gefahrenklasse explosiv, wenn sie als Feststoff oder als Flüssigkeit durch chemische Reaktion Gase solcher Temperatur, solchen Drucks und solcher Geschwindigkeit entwickeln können, dass hierdurch in der Umgebung Zerstörungen eintreten. Gemäß Begriffsdefinition der CLP-Verordnung fallen auch pyrotechnische Stoffe und Erzeugnisse mit Explosivstoffen unter die Gefahrklasse explosiv.
Die Einstufungskriterien sind nicht im Anhang I der CLP-Verordnung enthalten, sondern den Prüfmethoden von Teil 1 des Handbuchs über Prüfungen und Kriterien der UN-Empfehlungen für die Beförderung gefährlicher Güter zu entnehmen. Diese Prüfmethoden sind sehr umfassend, äußerst detailliert und nur für Experten verständlich, auf die Wiedergabe wird daher verzichtet.
Die Gefahrenklasse explosive Stoffe / Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff wird unterteilt in folgende Unterklassen:
Zur Unterscheidung der Unterklassen werden die H-Sätze H200 bis H205 benutzt, die Kennzeichnung kann Tabelle 2.1 entnommen werden. Beispiele instabiler, explosiver Stoffe sind in Abbildung 2.3 dargestellt.
Tabelle 2.1 Kennzeichnung explosive Stoffe / Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff.
Abb. 2.3 Instabile explosive Stoffe, gekennzeichnet mit H200 gemäß CLP-Verordnung
2.2.1.2 Explosionsgefährlich nach EG-Richtlinie 67/548/EWG
Stoffe oder Zubereitungen, die gegen Schlag oder Reibung empfindlicher reagieren als Dinitrobenzol oder die mittels Zündquelle (Feuer) zur Explosion gebracht werden können, werden gemäß EG-Richtlinie 67/548/EWG als explosionsgefährlich eingestuft.
In Abhängigkeit des explosionsgefährlichen Potenzials werden Stoffe oder Zubereitungen entweder mit dem R-Satz R2 oder R3 gekennzeichnet.
Zu den explosionsgefährlichen Stoffen (R2) zählen:
- Ethylnitrit,
- Ethylnitrat,
- Dibenzoylperoxid,
- Dichloracetylen,
- Glykoldinitrat,
- 3-Azidosulfonylbenzoesäure,
- Pikrinsäure (2,4,6-Trinitrophenol),
- Trinitrobenzol,
- 2,4,6-Trinitrotoluol (TNT),
- Trinitrokresol,
- Trinitroxyl,
- Tetranitronaphthalin und
- 2,4,6-Trinitroresorcin.
Als besonders explosionsgefährliche Stoffe (R3) sind eingestuft:
- Bleiazid,
- Quecksilberfulminat (Knallquecksilber),
- Diethylenglykoldinitrat,
- Glycerintrinitrat (Nitroglycerin),
- Hydrazintrinitromethan,
- Pentaerythrittetranitrat(Nitropenta),
- Nitrozellulose mit mehr als 12,66% N,
- Mannithexanitrat sowie
- Pikrinsäure und ihre Salze.
Stoffe oder Zubereitungen, die nur in trockenem Zustand explosionsgefährlich reagieren; nicht jedoch in Lösung oder in feuchter Form, sind nicht als explosionsgefährlich eingestuft und werden mit dem R-Satz R1 gekennzeichnet. Hierzu zählen
- Jodylbenzol,
- Ammonium-bis(2,4,6-trinitrophenyl)amin,
- Ammoniumdichromat,
- 2-Amino-4,6-dinitrophenol,
- Jodylbenzoat und
- Tetranitrocarbazol.
2.2.2 Entzündbar bzw. entzündlich
Nach der CLP-Verordnung wird die Stoffeigenschaft „entzündbar“ in Abhängigkeit des Aggregatzustandes in 5 Gefahrenklassen und eine unterschiedliche Anzahl von Kategorien unterteilt:
- Gefahrenklasse entzündbare Gase:
2 Gefahrenkategorien - Gefahrenklasse entzündbare Aerosole:
2 Gefahrenkategorien - Gefahrenklasse entzündbare Feststoffe:
2 Gefahrenkategorien - Gefahrenklasse entzündbare Flüssigkeiten:
3 Gefahrenkategorien - Gefahrenklasse Stoffe oder Gemische, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase freisetzen
3 Gefahrenkategorien
Gemäß EG-Stoffrichtlinie werden Gase und Flüssigkeiten in die Gefährlichkeitsmerkmale
- hochentzündlich,
- leichtentzündlich und
- entzündlich
unterschieden, weitgehend unabhängig vom Aggregatzustand. Eine separate Einstufung von Aerosolen oder Feststoffen erfolgt nicht.
2.2.2.1 Entzündbare Gase gemäß CLP-Verordnung
Gemäß Anhang 1 der CLP-Verordnung sind Gase definiert als Stoffe, die
- bei 50 °C einen Dampfdruck von mehr als 300 kPa (absolut) haben oder
- bei 20 °C und einem Standarddruck von 101,3 kPa vollständig gasförmig sind.
Gase gelten als entzündbar, wenn sie bei 20 °C und bei Normaldruck (1013 hPa) mit Luft einen Brennbarkeitsbereich besitzen. Gase oder Gasgemische werden in die
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