Recht der Sanierungsfinanzierung

von: Kai-Oliver Knops, Heinz Georg Bamberger, Georg Maier-Reimer

Springer-Verlag, 2005

ISBN: 9783540273554 , 678 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 103,39 EUR

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Recht der Sanierungsfinanzierung


 

§ 7 A Sanierungskredit und Überbrückungsdarlehen (S. 129-130)

I. Einleitung.
In Zeiten der Krise hilft dem Unternehmen vor allem anderen eines – „fresh money". Neben den weiteren, im Einzelnen nachfolgend behandelten Elementen der Sanierungsfinanzierung (§§ 8-15) kommt dem Sanierungskredit die bedeutendste Rolle zu (vgl. Wittig, NZI 1998, 49 (52)). Echte Sanierungskredite sind Darlehen, die erst in der Krise gewährt werden, unechte Sanierungsdarlehen solche, die trotz Kündigungsmöglichkeit oder zeitlichen Auslaufens ausdrücklich oder stillschweigend stehengelassen oder prolongiert werden. Eine Sanierungsfinanzierung, die ihren Namen auch verdient, überbrückt nicht nur eine drohende oder aufgetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldungssituation, sondern führt das mit einem soliden und aussichtsreichen Sanierungsplan ausgestattete Unternehmen aus der Krise. Sie behebt eine finanzielle Unterdeckung langfristig – ohne die Rückzahlbarkeit und Verzinsung von vorneherein durch ihre Konditionen (zu kurze Zahlungsziele, unangemessene Zinsen und Entgelte etc.) zu gefährden. Nicht zu missachten ist aber, dass die Kreditgewährung zu einer Erhöhung der Verschuldung insgesamt führt (vgl. Gawaz, S. 16 ff.), die durch eine Kapitalerhöhung der Unternehmenseigner oder durch andere in den nachfolgenden Kapiteln behandelte Maßnahmen zu kompensieren ist.

Aus der langjährigen Beratung und Prozessbevollmächtigung mittelständischer Unternehmen vor allem in Auseinandersetzungen mit Banken resultiert die Erfahrung, dass es nicht selten die Hausbank ist, die durch nicht immer nachvollziehbare und zum Teil gar rechtswidrige Entscheidungen, die Krise wenn nicht gerade mitverursacht, so doch in entscheidenden Momenten heraufbeschwören oder ein leichtes Wanken bis hin zum Umfallen verstärken kann (vgl. auch die Fallgestaltung bei BGHZ 116, 15 f. sowie zu den Gründen der Insolvenzflut Wellensiek, NZI 2004, Heft 5, S. V). Insbesondere die zumeist kurzfristige Verkürzung von Kontokorrentrahmen, die Geltendmachung von Nachbesicherungsansprüchen ohne ausreichenden Zeithorizont, die Verweigerung von Prolongationen oder das Verlangen nach marktfernen Konditionen werden oft mit der mehr oder weniger deutlich (zunächst mündlich) formulierten Geschäftsbeendigungsankündigung durchgesetzt. Diese Verhaltensweisen werden auf Seiten der Bank – wenn überhaupt – mit Globalhinweisen auf die eigene Geschäftspolitik oder Basel II begründet. Angesichts bislang unklarer Konturen in diesen Bereichen, die auch noch regional differieren, bietet sich dem Unternehmen schon angesichts temporärer wie auch finanzieller Determinationen oftmals faktisch nicht die Möglichkeit, den berechtigten Teil des Verlangens zu erkennen und ihm im Einzelnen nachzukommen oder gar ein überobligatorisches Begehren gerichtlich wegen Verletzung der Rücksichtnahmepflicht aus § 242 BGB überprüfen zu lassen. Zu allermeist bedingt die Befürchtung eines gänzlichen Fallenlassens durch die Bank die Bereitschaft zu allergrößtem Entgegenkommen, wenigstens aber zum Stillhalten, zumal wenn die Abhängigkeit von dem Institut aus den eingegangenen Verpflichtungen groß ist. Bei näherer Betrachtung zeigt sich dann auch, dass die Unfreiheit betriebswirtschaftlich durch eine viel zu geringe Eigenkapitaldecke bedingt ist. Bei sich verschärfenden Marktbedingungen erweist sich das Verlangen nach Sicherheiten, der Reduzierung von Fremdkapital etc. durch die Bank – positiv gewendet – auch als Prüfstein für die eigene wirtschaftliche Verfassung des Unternehmens.

Zur Gewährung eines umfassenden Sanierungsdarlehens ist auf Bankseite oft Vertrauen, Weitsicht und mittelfristige Gewinnaussichtplanung erforderlich. Leider dominieren in vielen Häusern, vor allem kleiner oder mittlerer Institute heute – trotz guter Sanierungsaussichten im Einzelfall – vielfach andere Zielsetzungen, auch bedingt durch kurzfristige Bilanzinteressen, quasimathematische Kostenrechnungsüberlegungen und das Verlangen nach einer Vollabsicherung, die in der Krise meist nicht geleistet werden kann. Der eigene Verlust wird teilweise schön gerechnet, oftmals die Folgen auf Arbeitnehmer- und Zuliefererseite oder die Auswirkungen auf verbundene Unternehmen oder Kommunen, Länder und Bund, die die Lasten von Steuerausfällen bis zur Sozialabsicherung zu tragen haben, nicht einmal im Ansatz wahrgenommen. Das mag für manche hinnehmbar sein, einer erklärten oder auch nur stillschweigend betriebenen Geschäftspolitik entsprechen. Für alle anderen stellt dies schon angesichts deren eigener Größe wenigstens mittelfristig selbst keine Perspektive dar. Im Gegenteil wird oft übersehen, dass trotz guter Sanierungsprognose ein größerer oder mittlerer –, zumindest aber nicht unbedeutender – Kunde verloren geht, der ansonsten gerettet werden könnte und der der finanzierenden Bank nicht nur erhebliche Erträge aus der zinskonditional angepassten Sanierungsfinanzierung selbst bringt, sondern bei dauerhaftem Bestand langfristig Kunde bleibt.