Aktuelle Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie

Aktuelle Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie

von: Manfred Kaufmann ua. (Hrsg.)

W. Zuckschwerdt Verlag, 2006

ISBN: 9783886038992 , 253 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 8,99 EUR

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Aktuelle Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie


 

Maligne Ovarialtumoren (S. 116-117)

Kommission Ovar der AGO

Epidemiologie
Die Inzidenz der malignen Ovarialtumoren in Deutschland betrug im Jahr 2000 23,0 Neuerkrankungen pro 100 000 Frauen, die Mortalität 14,5 Fälle pro 100 000 Frauen. Damit erkranken jährlich in Deutschland etwa 10 000 Frauen an einem malignen Ovarialtumor. Als Risikofaktoren wurden zunehmendes Lebensalter, belastete Familienanamnese und endokrine Faktoren (frühe Menarche, späte Menopause, primäre Sterilität, polyzystische Ovarien, langjährige Hormonsubstitution) nachgewiesen. Parität, Ovulationshemmer, Hysterektomie und Tubenligatur haben einen protektiven Einfluss. 95% der Ovarialkarzinome treten sporadisch auf. Bei etwa 5% der Karzinome geht man von einer genetischen Prädisposition aus.

Aus den Daten einer Metaanalyse aus 22 Studien mit insgesamt über 8000 Mutationsträgern geht hervor, dass das kumulative Risiko für BRCA1-Mutationsträgerinnen, im 50. Lebensjahr am Ovarialkarzinom zu erkranken, bei 14% und im Alter von 70 Jahren bei 43% liegt. Für BRCA2-Mutationsträgerinnen sind die Erkrankungsrisiken deutlich niedriger und betragen 3% im Alter von 50 Jahren und 15% im Alter von 70 Jahren. Zur primären Prävention für Frauen mit hohem Risiko für ein hereditäres Ovarialkarzinom können Ovulationshemmer und ablative Maßnahmen angeboten werden. Ovulationshemmer reduzieren das Erkrankungsrisiko um etwa 60% bei einer Einnahmedauer von sechs Jahren. Die prophylaktische Salpingo-Oophorektomie senkt das Ovarialkarzinomrisiko um 96%. Da ein sprunghafter Risikoanstieg ab dem 40. Lebensjahr gezeigt werden konnte, sind chirurgische Maßnahmen ab diesem Zeitpunkt bei abgeschlossener Familienplanung sinnvoll.

Früherkennung und Screening

Ein generelles Screening kann für das Ovarialkarzinom im Augenblick nicht empfohlen werden. Die zurzeit vorliegenden Daten können nicht belegen, dass die routinemäßig durchgeführte Vaginalsonographie oder die regelmäßige Bestimmung des Tumormarkers CA 125 die Früherkennung des Ovarialkarzinoms ermöglichen.

Diagnostik

In der Diagnostik des Ovarialkarzinoms hat die Transvaginalsonographie unter den bildgebenden Verfahren den höchsten Stellenwert. Hierbei wird die Dignität des Tumors nach morphologischen Kriterien wie Zystengröße,Wanddicke, Vorhandensein von Septen und soliden Anteilen beurteilt. Der Nachweis zentraler Vaskularisation im Adnextumor scheint die Aussagekraft in Bezug auf das Vorliegen eines malignen Tumors zu erhöhen. Derzeit besteht keine apparative diagnostische Maßnahme, die ein operatives Staging beim Ovarialkarzinom ersetzen und die Operabilität verlässlich einschätzen kann. Die diagnostische Punktion eines zystisch soliden oder rein soliden Ovarialtumors ist in jedem Fall kontraindiziert, da hierdurch Tumorzellen intraperitoneal disseminiert werden können. Der Tumormarker CA 125 ist aufgrund der geringen Spezifität nicht zur Früherkennung geeignet, er sollte aber zur Verlaufsbeurteilung vor Therapiebeginn bestimmt werden. Molekulare Muster stehen derzeit zur Früherkennung, Vorhersage des Therapieansprechens und als Prognosefaktor nicht zur Verfügung.

Pathologische Diagnostik

Die histologische Klassifikation der Ovarialkarzinome und anderer Ovarialtumoren erfolgt gemäß der aktualisierten WHO-Klassifikation (2003). Die Schnellschnittuntersuchung von Ovarialtumoren kann in eindeutigen Fällen eine intraoperative Diagnosesicherung und damit ein einzeitiges Vorgehen ermöglichen. Bei unklarer Befundlage und/oder angestrebter Fertilitätserhaltung ist eine differenzierte morphologische Aufarbeitung des fixierten Operationsmaterials, gegebenenfalls mit zweizeitigem Eingriff, vorzuziehen. Histologisch und klinisch sind morphologisch zwar bisweilen sehr ähnliche, tumorbiologisch jedoch erheblich differente Läsionen mit ihren Subtypen voneinander abzugrenzen: Ovarialkarzinome, extraovarielle (peritoneale) Karzinome, Borderline-Tumoren, Keimzelltumoren, Keimstrang-Stromatumoren, Ovarialmetastasen, u.v.m. Die Borderline-Tumoren und die Ovarialkarzinome werden nach der WHO-Klassifikation entsprechend dem Zelltyp in seröse, muzinöse (endozervix-ähnlich und intestinal), endometroide, klarzellige, übergangszellige sowie gemischte Typen eingeteilt. Den endometroiden Formen werden auch die Adenosarkome, die mesodermalen (Müller-) Mischtumoren und die Stromasarkome zugeordnet. Eine verlässliche Typisierung von Ovarialtumoren kann zusätzlich zur konventionellen Histologie den differenzierten Einsatz histochemischer und immunhistochemischer Untersuchungen erforderlich machen.