Midleifcrisis - Als meine Frau mich hinauswarf und ich mit 117 anderen schlief

von: Leif Lasse Andersson

riva Verlag, 2013

ISBN: 9783864133329 , 272 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 3,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Midleifcrisis - Als meine Frau mich hinauswarf und ich mit 117 anderen schlief


 

Leif


Herhören, Jungs, ich schreibe für euch da draußen, die ihr ratlos mit­anseht, wie euer Leben vorbeizieht, während ihr den Rasen vor der Doppelhaushälfte mäht, bevor ihr schnell die Kinder vom Turnfest holt, den Grill anschmeißt und euch anmeckern lasst, weil die Würstchen wieder angebrannt sind, ehe ihr schließlich nach Wetten, dass ..? vergeblich darauf hofft, dass Mama euch nach vier Wochen heimlichen Handbetriebs auch mal wieder ranlässt.

Natürlich träumt ihr während all dem von schönen Frauen, vielen Frauen, jungen Frauen, schnellem und vor allem schmutzigem Sex. Aber der Weg zum Endlich-wieder-coole-Sau-Sein, ich meine der richtig ernsthafte Weg so mit Scheidung, beschissener Steuerklasse I, möblierter Einzimmerwohnung und Dosenspaghetti aus der Mikrowelle, der ist ein langer Ritt durch die Wüste, und am Rande des staubigen Pfades nagt eine Schar von hungrigen Frauen mit halbwüchsigen Kindern an den Knochen derjenigen, die nicht hart genug waren, ihn als Single zu überleben.

In meinem Fall führte dieser Weg durch die Internetwüsten der Dating-Plattformen und Singlebörsen, in denen Hunderttausende Mädels in Anwallungen von dezenter Selbstüberschätzung auf einen romantischen Typen warten, der noch über diverse weitere Attribute verfügen sollte: breite Schultern, glänzendes Aussehen, guter Job, Kohle auf dem Konto – all das wird nicht nur erwünscht, sondern erwartet. Warmherzig und kinderlieb muss er auch noch sein, außerdem darf er sich weder an Cellulite noch an dicken Ärschen stören, muss klaglos den Müll rausbringen und neben all dem auch noch eine gehörige Prise ungebändigter Wildheit versprühen. Gottlob sind solche Kerle zumindest in diesem Universum rar gesät, und so müssen sich die meisten Frauen von missratenen Exemplaren wie mir vögeln lassen.

Aber bevor ich von meinem Ritt durch die Wüste erzähle, sollte ich mich vielleicht doch mal kurz vorstellen.

Leif Lasse Andersson lautet mein Name, der bereits in der Schulzeit zum Rufnamen LeiLa verballhornt wurde, woran ich mich inzwischen gewöhnt habe, denn schließlich gibt mir dieses LeiLa in gewissen Momenten einen femininen Touch, der viele Frauen zu der Annahme verleitet, ich wäre vielleicht gar eine Spur metrosexuell.

Mein Vater stammt aus Schweden, er hat uns verlassen, als ich ein halbwüchsiger Junge war. Inzwischen ist er lange tot und ich frage mich, was er wohl für ein Mann war, denn mit der Zeit und aus der Ferne entdecke ich manche Parallele in unser beider Leben.

Ich bin wie er hoch aufgeschossen, werde sehnsüchtig, sobald ich ein Segel sehe, die Reste des Haarbestands sind immer noch sehr blond und die zu groß geratene Wikingernase, die ich auch bei ihm auf alten Fotos entdecke, hat mir zeit meines Lebens einigen Verdruss bereitet, denn zumindest im Profil verhindert sie, dass ich mich als halbwegs attraktives Kerlchen betrachten dürfte.

Doch von vorn betrachtet, bügeln eine Menge kleiner Lachfältchen um die wirklich strahlend blauen Augen den eher mittelprächtigen Gesamteindruck aus, sie versprechen irgendwo tief drin im Träger so etwas wie einen liebenswerten Lausbuben, auch wenn der erste Eindruck, den ich auf Frauen mache, der eines kühlen, nordischen Typen ist, für den das Wort Macho erfunden wurde.

Bei Frauen hat diese Mischung bisher recht gut funktioniert. Sie fühlen sich von der offenkundigen Diskrepanz angezogen, finden mich oft rätselhaft, der blonde Macho versetzt ihre Hormone in Wallung, der Job als gehobener Werbeschnösel verspricht ein komfortables Auskommen auch später in der Patchworkfamilie, und der kleine Lausbub gibt ihnen die Hoffnung, dass ich vielleicht doch irgendwie anders sein könnte als all die vielen, die bloß schnell mal in ihre Kiste wollen. So habe ich das jedenfalls schon öfter vernommen, wenn ich nach Erledigung der vorrangigen Angelegenheiten wie Trinken und Vögeln ermattet in ebenjener Kiste lag. Doch die Mädels haben keine Ahnung, dass der kleine Lausejunge vom großen Arschloch nur vorgeschoben wird, um die Chancen auf einen schnellen Beischlaf zu erhöhen.

Einigen Kummer bereitet mir die Antwort auf die Frage, wo ich gerade stehe: an der Schwelle zum 40. Geburtstag und in den Trümmern meines Lebens, auch wenn noch nicht alle Mauern um mich herum eingestürzt sind, doch dies scheint nur noch eine Frage von Monaten zu sein.

Als kreativer Jungdynamiker einer Hamburger Werbeagentur habe ich mir bei meinem schnellen Aufstieg in die sechsstelligen Gehaltsklassen viele Feinde gemacht, die jetzt anfangen, in ihrem Gedächtnis und in alten Memoranden nach geeigneten Messern zu wühlen. Es scheint an der Zeit, offene Rechnungen zu begleichen, und wie es aussieht, werde ich ein dankbares Opfer sein. Das revolutionärste Projekt der Firmengeschichte steht kurz vor dem Scheitern, ich habe es zu verantworten und die rund fünf Millionen Euro Firmenkapital, die ich dabei versenkt habe, tragen keineswegs zur Stützung meines hausinternen Renommees bei. Ich bin ein Typ, der in wirklich jeder Lebenslage zu ungeschönten Bestandsaufnahmen neigt, und die aktuelle besagt: Beruflich taumele ich am Rande eines Abgrunds.

Privat bin ich schon einen ganzen Schritt weiter.

Meine Gattin Elke hat mich rausgeworfen und sich eine Anwältin genommen, eine humorlose Matrone in den mittleren Fünfzigern, die sich darauf spezialisiert hat, untreue Ehemänner zu schlachten, zu vierteilen und den letzten Tropfen Lebensmut aus ihnen herauszupressen. Auf ihren Rat hin hat Elke sämtliche uns noch verbliebenen Aktiva von den Konten geräumt und alle Unterlagen vernichtet, die darauf hindeuten, dass diese Kohle hauptsächlich mir gehört. Derzeit argumentieren die beiden, dass eigentlich auch unser schönes Haus in der Vorstadt Elke zugesprochen werden müsste, schließlich ist sie es, die unsere beiden wundervollen Kinder Lisa und Lars hütet. Elkes Anwältin beweist in ihrem gesamten Vorgehen anerkennenswerte Geschicklichkeit, ich hasse sie mit großer Inbrunst, und manchmal male ich mir aus, wie ich ihr in einer dunklen Tiefgarage einen Sack über ihr blond gefärbtes Haupt stülpe und mit meinem uralten Baseballschläger Vergeltung übe. Wobei Vergeltung ein schönes Stichwort ist. Denn das, was Elke im Moment veranstaltet, hat vornehmlich mit Rache zu tun, und irgendwie kann ich ihre Gefühle sogar verstehen.

Denn ich, LeiLa Andersson, habe mir meine Midlifecrisis just in dem Moment genommen, als ich wirklich alles erreicht hatte, was Elke jemals für mich plante. Einen geilen Job, zwei großartige Kinder, dreimal Urlaub im Jahr, ein fast abbezahltes Haus, einen Dienstwagen mit Stern, und ein kleiner Benz für Elke war trotz alledem auch noch drin. Werden höchst ungern verlassen, die Mädels in ebendiesem Lebensabschnitt, besonders wenn ihre Schönheit langsam welkt, ihre Titten anfangen zu hängen und sich die Kerle nicht mehr auf der Straße nach ihnen umdrehen.

Vor allem werden sie nicht gern für eine zehn Jahre jüngere Frau verlassen, die ihr Ehemann urplötzlich als die große Liebe seines Lebens entdeckt. Und die er für die eine und einzige Frau hält, die sich im Universum für ihn finden lässt. Und genau das ist es, was ich für Laura empfinde und was ich Elke angetan habe.

Tja, Jungs, was soll man sagen. Kommt vor, dass die Dinge zwischen Mann und Frau auf diese Weise laufen, und die Golfclubs dieser Welt sind voll von erfolgreichen Typen, die sich nicht nur regelmäßig neue Cabrios leasen, sondern auch junge, fantastisch hübsche Frauen, die ebendiese Cabrios fahren dürfen.

Nur bei mir war es leider anders, denn ich habe auch dieses zentrale Projekt meines künftigen Lebens gründlich verbockt.

Ich habe Elke verlassen und versucht, mit Laura ein neues Leben anzufangen. Laura ist für mich bei ihrem Freund ausgezogen, einem weitgehend erfolglosen Philosophiestudenten, der sie unverdrossen liebt, seit sie 16 Jahre alt ist. Ein Jahr später habe ich dann Laura verlassen.

Natürlich habe ich das nicht für Elke getan, sondern für meine Kinder Lisa und Lars, an denen ich mit zärtlicher Sehnsucht hänge. Wenn die beiden sonntagabends die Arme um meinen Hals schlangen und fragten: »Papa, Papa, kannst du nicht wieder zu Hause schlafen?«, dann brach mir mein verschissenes Herz, und monatelang habe ich mich mit der unlösbaren Frage geplagt, was wichtiger ist: mein Glück oder das Glück meiner Kinder?

Für Laura war es nur ein halber Salto rückwärts, denn sie hat stets uns beide geliebt, nach meinen letzten Informationen hat der Philosoph ihr verziehen, sie ist im vierten Monat schwanger, dem Vernehmen nach erwägt er nun sogar, seine geisteswissenschaftlichen Studien abzubrechen und sich nach einem Gelderwerb umzusehen.

Ich hingegen bin voll auf die Fresse gefallen.

Ziemlich genau ein Jahr nach meiner reumütigen Rückkehr in die Familie hat Elke mich rausgeworfen. Es war der 22. Dezember, ich war gerade dabei, wie jedes Jahr nach dem gusseisernen Fuß für den Tannenbaum zu fahnden, als Elke mir auf der Kellertreppe eröffnete, dass endgültig Schluss sei. Denn nun hatte sie im Urlaub einen elf Jahre jüngeren Typen kennengelernt, toll gevögelt, sich schwer verliebt, wie Frauen das nun mal so machen, bevor sie sich auf den Rücken legen, auch wenn es in meinen Augen ein klarer Fall von billigem Revanchefoul war.

Elke packte sich noch am gleichen Nachmittag die Kinder, fuhr mit ihnen zu Oma und Opa nach Münster und sagte zum Abschied: »Wenn ich am 5. Januar wiederkomme, möchte ich dich hier nicht mehr sehen.«

Echt, Jungs, wenn ihr jemals meint, euch von der Alten rauswerfen lassen zu müssen, dann nehmt...