Homo audiens - Der Hörakt des Glaubens und die akustische Rezeption im Predigtgeschehen. E-BOOK

von: Thomas Nisslmüller

Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2007

ISBN: 9783862340507 , 464 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 90,00 EUR

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Homo audiens - Der Hörakt des Glaubens und die akustische Rezeption im Predigtgeschehen. E-BOOK


 

"5 Zum Beschluss: Im Hör-Spiel Gott entdecken (S. 407-408)

5.1 Im Hör-Garten der Seele


Im Horizont der Freiheit des Hörens habe ich mich aufgemacht, dem Hören auf die Spur zu kommen. Manche Hürden waren zu überwinden, um der akustischen Welt coram seipso (und somit auch coram Deo) – im Kontext der Hörerfahrung im Predigtsetting – näher zu kommen. Das Hören stand im Blickpunkt, und der Blick reicht nicht nur ins Gehör, sondern aufs Gehörte hinaus, auf das, was im Hören auf Gehörtes und in der Hörverarbeitung an Wirkung und Wirklichkeit – letztlich: an Wahrheit – ins Leben tritt.

Für Religionspädagogik, Didaktik und Homiletik wird von dem o.G. her und darin deutlich, wie sich nicht nur die Predigthörkultur (und damit auch grosso modo Rezeptionskulturen) als eine filigran verästelte darstellt, sondern im Horizont der Klage über fehlendes »Erreichen« von Hörern in unterschiedlichsten edukativen Settings kann die hier vorgelegte Hörakt-Theorie den Problemkreis der Hörhaltungen, der Hörmodi sowie der weiten Navigationsflächen hörender Aufmerksamkeit ins Visier nehmen.

Das Hören erscheint nun konkret als eine Leistung, die sich auf einer inneren Bühne und im Rahmen einer auditiven Besinnungskultur auszuweisen hat. Das impliziert nicht nur gewichtige Folgen für die Predigt(hör)kultur, sondern auch und besonders für generelle Vermittlungsbemühungen und - situationen, die sich im Kontext des Zur-Sprache-Kommens des Gotteswortes um situative Kohärenz, authentische Darbietung und identitätsstiftende Kompetenzgewinnung sowie um heuristische Lernmuster und -wege mühen.

Zum Hören zu kommen ist für das Hörwesen Mensch ja nicht das Selbstverständliche. Das Verständliche kommt auch nicht von selbst; es ist und bleibt ein zu Suchendes. Die Universalisierung des Missverstehens (F.D.E. Schleiermacher) 757 als hermeneutische Grundgegebenheit trifft gerade auf das Hören zu. Das Über- und Sich-Verhören758, das Vorbeihören und »schlechte Hören« ist wohl eher die Regel. Der Predigthörer stand im Blickpunkt, und was läge näher, als an die Umgangskultur Jesu mit seinen Zuhörern zu erinnern, gesehen durch die Brille Bonhoeffers:

»Jesus läßt seine Zuhörer nicht einfach weggehen, damit sie nun aus seiner Rede machen, was ihnen gefällt, damit sie heraussuchen, was ihnen für ihr Leben wertvoll erscheint, damit sie prüfen, wie sich diese Lehre zu der ›Wirklichkeit‹ verhalte. Jesus gibt sein Wort seinen Zuhörern nicht frei, daß es unter ihren krämerischen Händen mißbraucht wird, sondern er gibt es ihnen so, daß es allein Macht über sie behalten muß. Menschlich gesehen gibt es unzählige Möglichkeiten, die Bergpredigt zu verstehen und zu deuten. Jesus kennt nur eine einzige Möglichkeit: einfach hingehen und gehorchen. Nicht deuten, anwenden, sondern tun, gehorchen. So allein ist Jesu Wort gehört. Aber auch wieder nicht vom Tun als von einer idealen Möglichkeit reden, sondern wirklich mit dem Tun anfangen.«"