Cannabis als Medizin - Ein praktischer Leitfaden für den medizinischen Einsatz der Hanfpflanze

von: Michael Backes

Kopp Verlag, 2016

ISBN: 9783864455001 , 348 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 19,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Cannabis als Medizin - Ein praktischer Leitfaden für den medizinischen Einsatz der Hanfpflanze


 

2.
Verwendung von medizinischem Cannabis


Als pflanzliche Medizin kann Cannabis gegessen, geraucht, in Dampf eingeatmet, unter der Zunge aufgelöst und äußerlich als Salbe angewendet werden. Die meisten Menschen, die Cannabis als Arznei erwägen, denken dabei ans Rauchen von Joints; in der Geschichte wurde Cannabis jedoch über einen viel längeren Zeitraum oral verabreicht. Heute bieten Verdampfungsgeräte eine Alternative zum Rauchen – mit ähnlich schneller Wirkung und vergleichbarer Dosiskontrolle. Es gibt auch Cannabinoid-Medikamente wie Sativex, die Cannabidiol und Terpene enthalten, um die Wirkung des THC auszugleichen. Sativex kann man als erstes modernes verschreibungspflichtiges Cannabis-Präparat betrachten, wenn auch das goldene Zeitalter der Cannabis-Medizin erst noch kommt.

Wie wird Cannabis verstoffwechselt?


Die Darreichungsform und die Methode der Aufnahme haben entscheidenden Einfluss auf die Wirkungsweise von medizinischem Cannabis. Unterschiedliche Formen von Cannabis haben unterschiedliche chemische Zusammensetzungen, die der Körper jeweils anders verarbeitet. Die Darreichungsmethoden beeinflussen die Geschwindigkeit und die Effektivität der Cannabis-Medizin – und wie lange die Wirkung anhält. Aufgrund des Cannabis-Verbots und der Darstellungen des Cannabis-Konsums aus dem Marihuana-Untergrund gibt es nicht viele populäre Modelle für den tatsächlich effektiven medizinischen Einsatz von Cannabis. Eine Bong beispielsweise ist nicht eben die ideale Art und Weise, seine Medizin einzunehmen.

Als Naturprodukt ist Cannabis verderblich, und die richtige Lagerung verlängert seine Haltbarkeit. Manchmal ist in einem Cannabis-Medikament mehr enthalten, als eigentlich drin sein dürfte. Die verschiedenen Verunreinigungen zu erkennen und zu wissen, welche davon nur im Labor zu entdecken sind, ist für Patienten von entscheidender Bedeutung. In erster Linie muss man die Darreichungsmethoden und die Dosierung von Cannabis lernen, um die bestmögliche Behandlung für die jeweilige Krankheit herauszufinden.

© Robert Littleford

Die Sache mit der Löslichkeit

Eines der kniffligsten Probleme bei der Einnahme von Cannabis-Medikamenten ist die Tatsache, dass Cannabinoide Wasser hassen und Fett lieben. Wissenschaftlich ausgedrückt: Cannabinoide sind hydrophob und lipophil. Da die meisten Arzneien oral eingenommen werden, führt diese Unlöslichkeit in Wasser zu ein paar echten Problemen. Cannabinoide werden schlecht und ungleichmäßig absorbiert, wenn sie geschluckt werden. Aufgrund dieser Inkonsistenz fielen in den 1940er-Jahren Cannabinoid-Präparate in Ungnade. Doch in den vergangenen 20 Jahren entdeckten Forscher viel mehr darüber, wie Cannabis und Cannabinoide effektiv absorbiert werden können, und entwickelten zum Beispiel sublinguale Verabreichungen und Verdampfungsgeräte. Viele dieser Technologien sind darauf ausgerichtet, den Darm zu umgehen und den Wirkstoff schnellstmöglich in den Blutkreislauf abzugeben.

Dosierung: eine kurze Einführung


Viele Patienten und selbst ein paar Ärzte wissen nicht, wie man pflanzliche Cannabis-Medikamente richtig dosiert und anwendet. Unsere einzigen Modelle für Cannabis-Konsum sind sogenannte stoner comedies (Kiffer-Komödien) wie die US-amerikanischen Cheech-und-Chong-Filme oder Pineapple Express (deutscher Titel: Ananas Express). Durch diese Streifen lernt man die Dosierung von Cannabis genauso gut beziehungsweise schlecht wie das Autofahren durch die Verfolgungsjagden in Fast & Furious.

Ein vernünftigerer Ansatz besteht darin, eine möglichst geringe Dosis medizinisches Cannabis zu verwenden, die die Symptome gerade noch lindert. Diese minimale effektive Dosis ist am einfachsten mit »ein kleines bisschen« zu beschreiben.

Synthetische Formen von THC, z. B. Marinol, nimmt man als Kapseln zu 2,5 mg, 5 mg oder 10 mg ein – je nach der zu behandelnden Krankheit.

© Robert Littleford

»Ein bisschen« meint die kontrollierte Abgabe einer kleinen, abgemessenen Dosis von pflanzlichem Cannabis. Für Patienten ohne Cannabis-Erfahrung ist es zuweilen nicht leicht, Übermedikationen zu vermeiden, da vielen Gerätschaften – wie Bongs (Wasserpfeifen) und Vaporizer – keine detaillierte Beschreibung über die richtige, kontrollierte Dosierung beiliegt. Dauerhafte Übermedikation mit pflanzlichem Cannabis kann zur Gewöhnung an die medizinischen Wirkungen führen, was höhere Dosierungen nötig macht, um die Symptome zu lindern, die anfangs schon auf niedrigere Dosen angesprochen haben.

Durch die Darstellungen des Cannabis-Konsums in den Medien bekommen Patienten eine verzerrte Vorstellung davon, in welcher Dosierung und wie oft sie Cannabis einnehmen sollten.

Dosierungsrichtlinien sind vor allem bei THC-dominanten Cannabis-Präparaten mit hoher Psychoaktivität nützlich. Was aber ist die richtige Dosis? Das bestuntersuchte Cannabis-Medikament ist das in den USA erhältliche Marinol, die verschreibungspflichtige synthetische Form von THC. Für Marinol gibt es klare Dosierungsrichtlinien, die einen Ausgangspunkt für andere pflanzliche Cannabis-Präparate bilden können. Eine Marinol-Dosis beginnt bei 2,5 Milligramm THC zur Appetitanregung. Bei Übelkeit aufgrund einer Chemotherapie kann die nötige Dosis über 15 Milligramm liegen, je nach Größe und Gewicht des Patienten. Psychoaktivität bemerken die meisten Patienten schon bei etwa fünf Milligramm THC. So kann eine 15-Milligramm-Dosis ein sehr hohes Psychoaktivitätslevel hervorrufen, was möglicherweise recht unangenehm sein kann. Neue Studien haben erbracht, dass Cannabis-Dosen mit 2,5 bis 10 Milligramm THC zahlreiche Symptome lindern können, ohne unangenehme psychische Folgen zu haben. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass das andere primäre Cannabinoid, CBD, das in einigen Cannabis-Sorten enthalten ist, tatsächlich die Psychoaktivität des THC reduziert.

Was bedeutet Cannabis-Potenz, und wie hat sie sich verändert?

In den Medien werden häufig Studien zitiert, die darauf schließen lassen, dass die Wirksamkeit von Cannabis sich in den vergangenen 30 Jahren dramatisch erhöht hat. Dieser Trend soll andeuten, dass das heutige Cannabis gefährlicher ist als das der 1960er-Jahre. Aber stimmt das auch? Studien mit gerauchtem Cannabis zeigen, dass Patienten schnell ihre Dosis richtig einstellen können, unabhängig von der Potenz des verwendeten Cannabis. Der Vorteil von stärkerem Cannabis besteht darin, dass schon eine niedrigere Dosis die gewünschte Wirkung hat. Das Cannabis der 1960er-Jahre enthielt zwei bis vier Prozent THC, die heute in Kalifornien verkauften Präparate haben um die 16 Prozent THC. Wenn ein Patient Cannabis raucht, braucht er also über 87 Prozent weniger Cannabis, um die gewünschte THC-Dosis zu erreichen. Bei bestimmten Cannabis-Konzentraten macht die extrem hohe Potenz niedrige Dosierungen nahezu unmöglich. Die meisten hochwirksamen Cannabis-Blüten können jedoch mit der entsprechenden Anleitung leicht und effektiv dosiert werden.

Wenn es richtig dosiert ist, kann Cannabis auch oral und sublingual wirksam eingesetzt werden. Oral verabreichtes Cannabis wirkt jedoch erst nach 45 bis 180 Minuten. Verwendet man es sublingual, wird Delta-9-THC direkt in den Blutkreislauf aufgenommen, und die Wirkung ist innerhalb von fünf Minuten zu spüren. Eine oral verabreichte Cannabis-Dosis ist zwei- bis dreimal länger wirksam als gerauchtes oder vaporisiertes pflanzliches Cannabis; deshalb muss es weniger oft verabreicht werden.

»Ein Joint« ist keine gute Dosierungsangabe. Normalerweise enthält ein Joint irgendetwas zwischen 0,25 und 1 Gramm Cannabis. Der THC-Gehalt variiert gewaltig, und die endgültige Dosis hängt davon ab, wie viel vom Joint tatsächlich geraucht wird.

© Robert Littleford

Lagerung von Cannabis


Ob getrocknete Blüten, gepresstes Haschisch, Tinkturen, Öle, Wachse oder Salben – für die Lagerung von Cannabis gibt es effektive Methoden, damit es sich so lange wie möglich hält. Wie alle Naturprodukte ist Cannabis anfällig für Schäden durch Hitze, Luft, Feuchtigkeit und Licht, sodass es sich lohnt, es richtig zu lagern. Je nach Produkt – insbesondere bei Blüten – wird Cannabis auch durch Quetschen oder Kreuzkontamination geschädigt.

Cannabis ist verderblich


Um Cannabis-Blüten und – Extrakte frisch zu halten, muss man sie in einem luftdicht verschlossenen, festen Behälter an einem dunklen, kühlen Ort aufbewahren. Will man sie höchstens 90 Tage lagern, halten sie bei ca. 10 °C ihre Qualität. Bei dieser Temperatur schützt 55-prozentige Luftfeuchtigkeit das Cannabis vor dem Verderben. Will man Blüten jedoch länger lagern, empfiehlt sich eine Temperatur unter dem Gefrierpunkt – je kälter, umso besser. Aufgetaute Blüten sollten aber nicht erneut eingefroren werden. Cannabis sollte niemals bei über 27 °C aufbewahrt und auch nicht in einem sehr warmen, beengten Raum – wie einem Handschuhfach – transportiert werden. Auch im Wagen muss man es in einem gekühlten, gut isolierten Behälter lagern. Eine große Menge Cannabis geht kaputt, weil es – wenn auch nur recht kurz – im Auto hoher Hitze ausgesetzt wird.

© Robert Littleford

Chemikalienbeständiges Plastik oder Glas

Drogenhändler verpacken Cannabis zum Verkauf gern in Plastikbeutel mit Zippverschluss. Darin verdirbt es jedoch sehr schnell. Um die Qualität von medizinischem Cannabis auch über längere Zeit sicherzustellen, braucht man robustere Verpackungen.

Kunststoffe wie...