Handbuch zum Testen von Web-Applikationen - Testverfahren, Werkzeuge, Praxistipps

von: Klaus Franz

Springer-Verlag, 2007

ISBN: 9783540681854 , 283 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 6,99 EUR

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Handbuch zum Testen von Web-Applikationen - Testverfahren, Werkzeuge, Praxistipps


 

4 Testfallentwurfsverfahren (S. 31-33)

„Die Mittelmäßigen klopfen sich zu dem Zeitpunkt auf die Schulter, wo die Könner anfangen zu arbeiten."
Matthias Scharlach (*1947)

Um alle Tests, die zur Qualitätssicherung eines Software-Produktes notwendig sind, bei kalkulierbarem und bezahlbarem Aufwand durchführen zu können, müssen die „richtigen" Testfälle gefunden und spezifiziert werden. Die im Folgenden beschriebenen Blackbox- und Whitebox-Methoden zum systematischen Testfallentwurf werden schon viele Jahre praktiziert. Sie sind keine Erfindung des Webtestings, liefern aber Testfälle für viele web-spezifische Testtypen. Daher muss jeder, der Testfälle entwirft, diese Methoden beherrschen. Ein intuitives Vorgehen zur Ermittlung von Testfällen ist die Fehlererwartungsmethode, die ebenfalls vorgestellt wird.

4.1 Blackbox-Verfahren

Ein vollständiger Test, der alle möglichen Ein- und Ausgaben zu einem Programm überprüft, ist nicht durchführbar. Um die Anzahl der Testfälle auf ein sinnvolles, aber hinreichendes Maß zu reduzieren, werden die Blackbox-Verfahren angewendet. Blackbox-Verfahren sind anforderungsbasierte Methoden zur Testfallerstellung. Das bedeutet, sie analysieren die Anforderungsspezifikationen und leiten daraus Testfälle ab. Weil sie dabei die Testobjekte als schwarze Box, also nicht die inneren Programmstrukturen betrachten, werden sie Blackbox-Verfahren genannt. Dazu gehören die Äquivalenzklassen-, Grenzwert- und Ursache- Wirkungs-Analyse. An dem Beispiel eines Rechners zur Autofinanzierung werden die einzelnen Schritte, die im Idealfall bei der Anwendung der Blackbox-Verfahren durchgeführt werden, erläutert. Beginnen wir mit der Anforderung:

1. Schritt: Anforderungen lesen

Zu testen ist das Programmmodul , das die Monatsraten für eine Autofinanzierung berechnet. Der Gesamtfahrzeugpreis wird dem vom Modul übergeben, nachdem dort das Wunschfahrzeug zusammengestellt worden ist. Die konkreten Anforderungen an den Finanzierungsrechner sind in der Konzeptionsphase beschrieben – und natürlich qualitätsgesichert – worden. Sie lauten: Der Kunde muss eine Anzahlung zwischen 2.000 und 10.000 Euro als ganze Zahl eingeben. Die Vertragslaufzeit wird durch drei Radio- Buttons vorgegeben: 12, 24 oder 36 Monate. Die Laufzeiten haben unterschiedliche Zinskonditionen. Je länger die Laufzeit ist, desto höher sind die jährlichen Zinsen (2%, 3%, 4%), welche für den Betrag der Differenz von Fahrzeugpreis und Anzahlung zu zahlen sind.

Zusätzlich kann in einer Checkbox angekreuzt werden, ob ein Altfahrzeug in Zahlung gegeben werden soll (ist standardmäßig nicht angekreuzt). Falls nicht, wird ein Rabatt von 3% auf den Kaufpreis gewährt, aber nur wenn die Laufzeit nicht 36 Monate beträgt. Ein Preisnachlass von 1.000 Euro wird gewährt, wenn der Fahrzeugpreis über 30.000 Euro liegt und die Vertragslaufzeit auf 12 Monate festgelegt ist.

4.1.1 Äquivalenzklassenanalyse
Bei der Äquivalenzklassenanalyse wird die Menge der möglichen Testfälle anhand der in den Anforderungsspezifikationen beschriebenen Bedingungen in eine endliche Zahl von äquivalenten Klassen unterteilt. Eine Äquivalenzklasse ist eine Menge von Eingabewerten, die ein identisches funktionales Verhalten eines Testobjektes auslösen, bzw. eine Menge von Ausgabewerten, die ein gleichartiges Verhalten eines Testobjektes aufzeigen. Für alle Elemente aus einer Äquivalenzklasse wird angenommen, dass sie bei einer Testausführung dieselbe Wirkung erzielen, d.h. die Ergebnisse äquivalent zueinander sind.

Daher genügt es für den Test, pro Äquivalenzklasse nur einen Repräsentanten auszuwählen. Zwei Repräsentanten (Testdaten) einer Äquivalenzklasse kommen entweder zu einem gleichen Testergebnis oder decken dieselbe Fehlerwirkung auf. So wird einerseits die Anzahl der möglichen Testfälle systematisch reduziert und andererseits erhält man eine hinreichende Anzahl von Testfällen, um – zumindest aus Sicht der Blackbox- Verfahren – die vollständige und korrekte Umsetzung der Anforderungen nachweisen zu können. Im Rahmen der Äquivalenzklassenanalyse wird jede in den Anforderungen beschriebene Bedingung in Äquivalenzklassen umgeschrieben.