Denkweisen und Lebenswelten des Mittelalters

Denkweisen und Lebenswelten des Mittelalters

von: Eva Schlotheuber, Maximilian Schuh (Hrsg.)

Herbert Utz Verlag , 2004

ISBN: 9783831604128 , 200 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 12,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

Denkweisen und Lebenswelten des Mittelalters


 

Erinnerung, Herrschaft und die Bilderchronik der Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. (S. 65-66)

von Knut Görich

Die Bilderchronik der Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. entstand am Hof von Heinrichs Bruder, Erzbischof Balduin von Trier (1285/86–1354). Sie ist eine einzigartige und berühmte Quelle des 14. Jahrhunderts. Ihre Miniaturen sind in fast jedem Werk zur Kunstgeschichte oder zur Reichs- und Verfassungsgeschichte des Spätmittelalters und nicht zuletzt auch in Schulbüchern abgebildet. Dargestellt werden Ereignisse der Italienfahrt Kaiser Heinrichs VII. (1278/79– 1313) aus dem Geschlecht der Luxemburger.

Heinrich wurde 1308 unter maßgeblichem Einfluss seines Bruders zum König gewählt. Der Romzug, zu dem er bereits im September 1310 aufbrach und der ihm die Kaiserkrone einbringen sollte, geriet gleichermaßen zu Höhepunkt und Katastrophe seiner kurzen Regierungszeit. Die Verhältnisse in Italien erwiesen sich als zu konfliktträchtig, um von Heinrich gelöst werden zu können. Zwar verstand er sich als Friedensstifter und unparteiischer Richter in den Streitigkeiten zwischen den Städten und zwischen verschiedenen Adelsparteien innerhalb der Städte, jedoch war seine Macht zu gering, um diesem Anspruch tatsächlich in die politische Realität umsetzen zu können.

Vielmehr machten ihn seine nur begrenzten militärischen Mittel abhängig von der Unterstützung durch italienische Parteigänger. In dieser Konstellation wiederholte sich das strukturelle Defizit, das schon die früheren Interventionen der staufischen Kaiser im Süden stets zur einseitigen Parteinahme gemacht und die Verwirklichung einer tragfähigen Friedensordnung verhindert hatte. Besonders problematisch war Heinrichs Absicht, exilierte Adelsparteien in die Stadt, aus der sie zuvor vertrieben worden waren, wieder zurückzuführen und eine dauerhafte Aussöhnung mit ihren Gegnern zu bewirken.

Die Rivalitäten ließen sich zwar vorübergehend beilegen, brachen aber rasch wieder auf, führten zu häufig wechselnden Bündniskonstellationen und trieben Heinrich in eine nie abreißende Folge von Konflikten. Die Situation wurde verschärft durch Heinrichs Gegensatz zum Papst, der in Avignon residierte, und die Feindschaft zu König Robert von Neapel. Der Romzug endete mit dem Tod Kaiser Heinrichs VII. in Buonconvento bei Pisa am 24. August 1313.

Es ist wesentlich der Italienzug, der in der Bilderchronik illustriert wird: Die Überquerung der Alpen, die Krönung mit der eisernen Krone in Mailand 1311, die Unterwerfung von Brescia und Cremona sowie der Tod von Heinrichs Gemahlin Margarete im selben Jahr, die Kaiserkrönung in Rom 1312 sowie Heinrichs Tod und seine Beisetzung in Pisa 1313. Diese und viele andere Ereignisse sind Gegenstand von insgesamt 73 kolorierten, mit knappen Beischriften versehenen Federzeichnungen auf 37 Pergamentblättern. Die Blätter sind jeweils 34 x 24 cm groß, mit einer Ausnahme zeigt jedes Blatt zwei übereinander angeordnete Bilder. Die Bilder geben Einblick in viele Details zeitgenössischer Kleidung und Bewaffnung, und mit insgesamt 94 verschiedenen Wappen liefern sie auch für die Heraldik wichtiges Material.

Der hohen Wertschätzung für diese Realien steht eine weniger euphorische Beurteilung der Bilderzählung insgesamt gegenüber: Man hält dem Zyklus »monotone Gleichförmigkeit« vor oder auch »sich immer wiederholende, handwerklich-mittelmäßige Eintönigkeit«. Der Vorwurf scheint berechtigt, denn knapp die Hälfte der 73 Bilder gilt der Darstellung von nur vier verschiedenen Tätigkeiten des Kaisers: Thematisiert werden Heinrichs Einzug in eine Stadt, seine Tätigkeit als Richter und der Zug seiner Ritter, bei dem der Kaiser inmitten seines wappengeschmückten Heeres von der linken zur rechten Bildseite reitet. Acht Bilder widmen sich dem ritterlichen Kampf. Der Vorwurf der Stereotypie ist also nicht aus der Luft gegriffen, moderne Historiker erklären sie – wenn überhaupt – als ein den Erzählfluss strukturierendes und die Einzelereignisse verbindendes Element, auch würden, so liest man, die Bilder, die das Heer auf dem Marsch zeigen, die »Schwere und Strapazen dieses Romzuges einprägsam« veranschaulichen.