Gleichschwebende Aufmerksamkeit und die Logik der Abduktion - Jahrbuch der Psychoanalyse 27

von: Helmut Hinz, Friedrich-Wilhelm Eickhoff; Wolfgang Loch; Hermann Beland; Edeltrud Meistermann-Seeger;

frommann-holzboog Verlag Jahrbuch der Psychoanalyse, 1991

ISBN: 0009410027206 , 30 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,00 EUR

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Gleichschwebende Aufmerksamkeit und die Logik der Abduktion - Jahrbuch der Psychoanalyse 27


 

Gleichschwebende Aufmerksamkeit und die Logik des Vermutungsschlusses (Abduktion) ermöglichen es, sich dem „Gegenstand“ der psychoanalytischen Untersuchungen anzunähern. Sie knüpfen am gutartigen Keim der Illusion infantiler Omnipotenz an, die im gelungenen körperlich-seelischen Zusammenspiel von Säugling und Primärobjekt wurzelt. Aus diesem Zusammenspiel von Präkonzepten, die in den körperlichen Impulsen des Säuglings enthalten sind, und der mütterlichen Aufmerksamkeit (reverie) kann die Transformation von biologischer Phantasie in Phantasie bzw. von Präkonzept in Gedanken resultieren. Erst diese Transformation ermöglicht die psychische Repräsentation eines Objektes als Alternative zur frühen Zeichensprache, d.h. auch zur Erlebnisweise projektiver Identifizierung, in der triebaufschiebende Wirkung und raum-zeitliches Erleben schwach sind oder fehlen. Die frühe Zeichensprache ist keine vollgültige Form der Repräsentation eines Objektes, dennoch sind die engen Triaden ein lebenswichtiges Vorwissen, ein Reservoir von Präkonzepten und Zeichen, die die körperlich-seelische Vermittlung des Säuglings mit seiner Umwelt sicherstellen sollen. Gleichschwebende Aufmerksamkeit und die implizite Logik des Vermutungsschlusses sind Wahrnehmungs- und Denkeinstellungen, die als Regression im Dienste des Ich versuchen, dieses Reservoir in der psychoanalytischen Situation nutzbar zu machen. Dabei ist zunächst nicht geklärt, ob der intuitive bzw. abduktive Schluß bloße Wiederholung des ohnehin Bekannten, oder ein abwehrbedingter Fehlgriff, oder eine neue Lösungsmöglichkeit ist. Jedenfalls stehen diese Zeichenprozesse am Anfang jedes Forschungsprozesses, gleichviel, ob es sich um die Protoforschung des Säuglings handelt, um die Forschung in der psychoanalytischen Situation oder die elaborierte Forschung des Wissenschaftlers, ob diese Ausgangspunkte reflektiert werden oder nicht. An Textbeispielen von A. C. Doyle, E. A. Poe, C. S. Peirce und S. Freud wird diese Wahrnehmungseinstellung und Schlußform illustriert und als literarische, philosophische und psychoanalytische Wiederentdeckung eines verschollenen erkenntnistheoretischen Modelles dargestellt. Aspekte der Diskussion um den erkenntnistheoretischen Standort der Psychoanalyse werden in der Einleitung skizziert und der spezielle psychoanalytische Beitrag zu dieser Diskussion wird an zwei klinischen Vignetten illustriert.