Betriebsoptimierung moderner Steinkohlenstaubfeuerungen zur Vermeidung von Feuerraumkorrosion

von: Oliver Greißl

Cuvillier Verlag, 2010

ISBN: 9783736932289 , 132 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's

Preis: 13,30 EUR

Mehr zum Inhalt

Betriebsoptimierung moderner Steinkohlenstaubfeuerungen zur Vermeidung von Feuerraumkorrosion


 

Seit der Liberalisierung des Energiemarktes im Jahr 1996 ist es den Betreibern deutscher Kohlekraftwerke erlaubt, auch Importkohle zu verbrennen. Beim Einsatz von Importkohlen, die sich in ihrer Zusammensetzung und ihren Eigenschaften von der ursprünglichen Auslegungskohle stark unterscheiden, kann dies Betriebsprobleme in der jeweiligen Feuerung verursachen. Unterschiedliche Kohleeigenschaften in Verbindung mit einer nicht angepassten Betriebsweise können zu einer erhöhten Verschmutzung, Verschlackung und Korrosionsneigung an den Feuerraumwänden und den Berührungsheizflächen im konvektiven Bereich der Feuerung führen. Die feuerraumseitige Korrosion an der Oberfläche von Verdampferrohren ist zwar hinlänglich bekannt und die zugrunde liegenden Korrosionsmechanismen erforscht, dennoch werden ca. 27 % [33] aller ungeplanten Stillstände von Kohlenstaubfeuerungen durch feuerraumseitige Korrosion verursacht. Eine Veränderung der Feuerungseinstellungen, beispielsweise im Zuge einer Feuerungsoptimierung, sollte daher stets von Sauerstoffkonzentrationsmessungen im wandnahen Bereich der Feuerraumwände begleitet werden um sicherzustellen, dass das Korrosionspotenzial an den Feuerraumwänden dadurch nicht erhöht wird. Reduzierende Bedingungen an den Feuerraumwänden gelten als Voraussetzung für das Auftreten von Feuerraumkorrosion. Aus diesem Grund werden die Sauerstoffkonzentrationen in wandnahen Bereichen der Feuerraumwände gemessen, um so Bereiche mit erhöhtem Korrosionspotenzial zu identifizieren. In diesem Zusammenhang wird die Gaszusammensetzung im wandnahen Bereich der Feuerraumwände auch als Wandatmosphäre bezeichnet. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Wandatmosphäre einer Kohlenstaubfeuerung bei unterschiedlichen Feuerungseinstellungen gemessen um Parameter zu identifizieren, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Wandatmosphäre haben. Weiterhin wurde der Zusammenhang zwischen gemessener Wandatmosphäre und der Materialabzehrung an Verdampferrohren aufgrund von Feuerraumkorrosion untersucht. Die Untersuchungen erfolgten am Block 7 des Rheinhafendampfkraftwerks der EnBW Kraftwerke AG in Karlsruhe. Die untersuchte Feuerung ist als Gegenfeuerung mit Low-NOx Brennern ausgeführt. Die insgesamt 32 Stufenmischbrenner vom Typ SM I sind auf vier Brennerebenen angeordnet. Jede Brennerebene ist mit 8 Brennern ausgerüstet, dabei sind je vier Brenner auf der Vorderseite und der Rückseite installiert. Die Brenner einer Brennerebene werden jeweils von einer Mühle versorgt. Der aus der Mühle austretende Kohlenstaub wird mit Hilfe von so genannten Zwangsverteilern auf die entsprechenden Brenner verteilt. Im Rahmen einer geplanten Revision der untersuchten Anlage wurden Wanddickenmessungen im gesamten Feuerraum durchgeführt. Die Bereiche mit den höchsten festgestellten Materialabzehrungen stimmten dabei sehr gut mit den Bereichen überein, an denen zuvor geringe Sauerstoffkonzentrationen gemessen wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen belegen, dass die regelmäßige Überwachung der Wandatmosphäre eine geeignete Methode darstellt, um kritische Bereiche im Hinblick auf eine mögliche Feuerraumkorrosion zu identifizieren. Zur Vermeidung von Feuerraumkorrosion ist es notwendig zu wissen, mit welchen Parametern sich die Wandatmosphäre und damit die Sauerstoffkonzentrationen in wandnahen Bereichen der Verdampferwände beeinflussen lassen. Als maßgebliche Parameter unter diesem Gesichtspunkt wurden _ der Luftüberschuss, _ die Luftstufung am Brenner, _ die Kohlenstaubverteilung auf die Brenner _ und der Ausmahlungsgrad des Kohlenstaubes identifiziert. Zur Bestimmung der Kohlenstaubverteilung wurde an jedem Brenner mittels einer isokinetischen Absaugsonde die Kohlenstaubdurchflussmenge gemessen. Bei dieser Messmethode wird ein Teilstrom aus der Kohlenstaubleitung abgesaugt und der Kohlenstaub vom Traggas abgeschieden. Die so für jeden Brenner erhaltenen Kohlenstaubproben wurden im Labor hinsichtlich der Korngrößenverteilung analysiert. Die Kohlenstaubleitungen aller 32 Brenner sind zusätzlich mit einem MIC Online-Kohlenstaubmessgerät ausgerüstet, das kontinuierlich die Kohlenstaubverteilung auf die einzelnen Brenner einer Mühle misst und aufzeichnet. Anhand der Signale dieses Messsystems können die Schwankungen der Kohlenstaubmenge in jeder Kohlenstaubleitung erfasst und ausgewertet werden. Die festgestellten Schwankungen der Kohlenstaubförderung in einigen Kohlenstaubleitungen zeigen ein vergleichbares Verhalten wie die Schwankungen der gemessenen Sauerstoffkonzentration an den entsprechenden Wandatmosphäremessstellen. Aufgrund der vorhandenen Schwankungsbreiten sowohl bei der Kohlenstaubförderung als auch bei der Primär- und Sekundärluft an den Brennern ist es sehr schwierig, den Einfluss der einzelnen Parameter auf die Wandatmosphäre zu quantifizieren. Aus diesem Grund wurde das vom Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen (IVD) der Universität Stuttgart und der Firma RECOM Services entwickelte Simulationswerkzeug AIOLOS genutzt um Parameterstudien durchzuführen. Die Simulationsergebnisse der durchgeführten Parameterstudien ermöglichen es, die im Hinblick auf die Zusammensetzung der Wandatmosphäre ermittelten Einflussparameter zu verifizieren und zu quantifizieren. Darüber hinaus werden aber auch Informationen bezüglich der Auswirkungen dieser Parametervariationen auf die Rauchgaszusammensetzung und den Glühverlust erhalten. Mit Hilfe der Simulationsrechnungen lässt sich anschaulich belegen, dass eine ungleichmäßige Verteilung des Kohlenstaubes auf die Brenner einen maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Wandatmosphäre besitzt. Mit der Einstellung einer gleichmäßigeren Kohlenstaubverteilung auf die Brenner kann die Sauerstoffkonzentration im wandnahen Bereich der Feuerraumwände erhöht werden. Ein weiterer positiver Aspekt zeigt sich anhand eines geringeren Glühverlustes und niedrigerer primärer NOx-Konzentrationen im Rauchgas. Die Untersuchungen zeigen weiterhin, dass eine ungleichmäßige Kohlenstaubverteilung in den Verteilersystemen auch zu einer Korngrößenseparation führt. Üblicherweise erhalten Brenner mit einer hohen Kohlenstaubbeaufschlagung auch einen höheren Grobkornanteil, wodurch die negativen Auswirkungen einer ungleichmäßigen Kohlenstaubverteilung noch verstärkt werden. Mit Hilfe einer kontinuierlichen und zuverlässigen Erfassung der Kohlenstaubverteilung ist eine brennerscharfe Anpassung der Verbrennungsluftmenge an die jeweilige Kohlemenge möglich. Die dabei erreichbaren Verbesserungen entsprechen denen, die bei einer Gleichverteilung des Kohlenstaubes erreicht werden können. Die gewonnen Erkenntnisse zeigen auf, welche Maßnahmen zur Erhöhung der Sauerstoffkonzentration an den Feuerraumwänden einer Kohlenstaubfeuerung zur Verfügung stehen. Es wird dabei unterschieden zwischen Maßnahmen, die lediglich auf einer veränderten Betriebsweise beruhen und Maßnahmen, die eine bauliche Veränderung der Anlage erfordern.