Heiraten? Nur aus Liebe!

Heiraten? Nur aus Liebe!

von: Karen Rose Smith

CORA Verlag, 2010

ISBN: 9783862950898 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,49 EUR

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Heiraten? Nur aus Liebe!


 

2. KAPITEL

Ben zog sich den Smoking an und steckte gewissenhaft die Trauringe in die Hosentasche. Im Raum nebenan knarrten die Bodenbretter. Es war Sierras Zimmer. Stylte sie gerade ihr Haar? Legte sie Make-up auf? Zog sie sich an? Im Geist sah er sie unbekleidet vor sich. Die Vision erregte ihn.

War sie wirklich so unschuldig, wie sie wirkte? Konnte er ihr glauben, dass sie nichts von ihm wollte?

Er dachte daran, wie seine Mutter damals verschwunden war – an die Verbitterung seines Vaters, an die Traurigkeit seiner Brüder, an seine eigene Angst, dass sie fortgegangen war, weil er etwas falsch gemacht hatte.

Sollten Mütter ihre Kinder nicht bedingungslos lieben?

Im Badezimmer nebenan rauschte Wasser. Nach einer Weile verstummte es wieder. Ben stellte sich vor, wie Sierra ihre vollen Lippen nachzog und ihr üppiges Haar bürstete.

Dann dachte er an die bitteren Erfahrungen mit seiner Exverlobten. Louisa war schön, auf eine vornehmere Art als Sierra. Sie war durch und durch Geschäftsfrau und strebte eine Karriere in der Werbebranche an. Deshalb war er davon ausgegangen, dass sie Verständnis dafür aufbrachte, dass er von früh morgens bis spät abends und an Wochenenden arbeitete. Ein großer Irrtum. Stattdessen hatte sie sich die Zeit mit einem anderen Mann vertrieben und Ben bei der Trennung etwas gesagt, was er nicht vergessen konnte: Ich fühle mich allein, selbst wenn ich mit dir im selben Zimmer bin.

Er wusste nicht genau, was das bedeuten sollte.

Anstatt der Vergangenheit nachzuhängen oder sich mit Sierra zu befassen, die ihn mehr aufwühlte, als ihm lieb war, richtete er die Aufmerksamkeit ganz bewusst auf eine andere Situation, die ihn sehr beschäftigte.

Am vergangenen Abend, als er nach einem Basketballtraining im Jugendzentrum über den öffentlichen Parkplatz zu seinem Auto gegangen war, hatten sich ihm die Nackenhaare gesträubt. Obwohl er seit Jahren einen Schwarzen Gürtel in Karate besaß, waren seine Fähigkeiten eingerostet. Also hatte er vorsichtshalber sein Taschenmesser herausgeholt und aufgeklappt.

Hinter einem Truck tauchte plötzlich ein Mann auf – von durchschnittlicher Größe, in Jeans und übergroßem schwarzem Hemd, mit braunen strähnigen Haaren. „Hallo, Mr. Staatsanwalt.“

„Ich habe fünfzig Dollar in bar und eine Kreditkarte bei mir“, erwiderte Ben in sachlichem Ton.

„Ich will Ihr Geld nicht. Sie sollen bloß meinen Bruder in Ruhe lassen. Er ist unschuldig.“

„Wer ist denn Ihr Bruder?“

„Charlie Levsin. Wenn Sie ihn nicht freilassen, könnte Ihnen etwas zustoßen.“

Ben dachte an den schlichten weißen Umschlag, der ihm im August per Post zugestellt worden war. Er enthielt einen Computerausdruck auf einem einfachen Blatt Papier mit dem Wortlaut: Sie werden sterben.

Es war nicht die erste Morddrohung gegen ihn, doch diesmal hatte sein Vorgesetzter ihm nahegelegt, die Stadt für ein paar Tage zu verlassen. Ben war zu seinem Bruder Sam gefahren, um ihm beim Neubau seines Hauses zur Hand zu gehen. Seitdem war alles ruhig geblieben.

Nun warnte er den Mann: „Mich zu bedrohen, könnte Sie in ernste Schwierigkeiten bringen.“

„Hier kann uns niemand hören. Ihr Wort steht gegen meins. Sorgen Sie dafür, dass mein Bruder freikommt.“

„Die Geschworenen entscheiden, ob er schuldig oder unschuldig ist.“

„Die sollten sich lieber für unschuldig entscheiden. Ich meine es ernst, Mr. Staatsanwalt.“

So plötzlich, wie der Mann aufgetaucht war, verschwand er auch wieder.

Ben hatte gar nicht erst versucht, ihn zu verfolgen und festzunehmen. Obwohl es ihm vermutlich gelungen wäre, hätte tatsächlich Aussage gegen Aussage gestanden.

Das Klingeln des Telefons unterbrach ihn in seinen Grübeleien. Er sah Nathans Nummer auf dem Display und nahm den Anruf an. „Beinahe hättest du mich am Altar erwischt.“

„Wieso?“ Nathan überlegte einen Moment. „Ach ja, entschuldige. Ich hatte ganz vergessen, dass du wieder mal den Trauzeugen spielst.“

„Kein Problem. Ein paar Minuten dauert es noch. Ich habe gerade nachgesehen, ob ich die Trauringe auch wirklich dabeihabe.“

„Ich kann mich gut erinnern, wie du mir den Ring für Sara übergeben hast.“

„Bereust du es nicht?“

„Nicht eine Sekunde. Ich bin sehr glücklich. Wer hätte je gedacht, dass ich eine Frau finde, die mich erträgt.“

Ben lachte. „Ich glaube, dass sie mehr für dich empfindet.“

„Du akzeptierst sie also inzwischen?“

„Ja, fast wie eine Schwester. Sie ist geradeheraus, und du weißt ja, dass ich das schätze.“

„Was ist mit Corrie? Sam hat erwähnt, dass ihr euch gut verstanden habt, als du ihm an seinem neuen Haus geholfen hast.“

Auch Sam war frisch verheiratet. „Ich mag sie. Jeder, der Tiere so sehr liebt wie sie, muss ein gutes Herz haben. Sie sagt auch recht offen, was sie denkt.“

„Heutzutage sind die Frauen so.“

Ben dachte an Sierra und seufzte. „Mein Leben ist gerade etwas kompliziert“, eröffnete er, da er keine Geheimnisse vor seinen Brüdern hatte – nun, abgesehen von der Sache mit den Morddrohungen.

„Arbeit?“

„Diesmal nicht. Ich … ich werde Vater.“

Nathan schwieg eine ganze Weile. Schließlich fragte er: „Sind Glückwünsche angebracht?“

„Du meinst, ob ich glücklich darüber bin? Ich muss mich erst an die Idee gewöhnen. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr freue ich mich. Du weißt doch, wie viel Spaß ich immer mit Kyle habe.“ Er liebte seinen Neffen.

„Also bist du mit der werdenden Mutter zusammen?“

„Nicht wirklich.“

„Das musst du mir genauer erklären.“

Ben atmete tief durch und berichtete in kurzen Zügen von den jüngsten Ereignissen.

„Will sie das Baby behalten?“, wollte Nathan wissen.

„Es scheint so. Zumindest hat sie gesagt, dass sie keine Abtreibung will.“

„Du kennst doch bestimmt einen guten Spezialisten für Sorgerechtsfragen, oder?“

„Sicher, aber ich hoffe, dass es nicht zu einem Streitfall kommt.“ Ben blickte zur Uhr. „Entschuldige, aber ich muss gleich auflegen. Warum rufst du eigentlich an?“

„Ich wollte dich fragen, ob du zu Thanksgiving Gesellschaft haben möchtest.“

„Wieso?“

„Na ja, du weißt doch, dass Sara und ich uns um ein Adoptivkind beworben haben. Es könnte jederzeit klappen. Mit zwei Kindern wird es schwieriger zu verreisen. Außerdem will Kyle unbedingt diese Felszeichnungen sehen, von denen du ihm dauernd erzählst. Deswegen dachten wir, es wäre ein guter Zeitpunkt für eine Stippvisite. Was meinst du dazu?“

„Ich ersticke momentan in Arbeit und schaffe es bestimmt nicht, nach Hause zu fliegen. Deshalb finde ich den Vorschlag sehr gut. Aber hat Dad denn nichts dagegen?“

„Nein. Er und Valerie werden zusammen mit Sam und Corrie feiern. Bis dahin ist das Kleine hoffentlich da. Stichtag für die Geburt ist der 11. November, aber bei Erstgeborenen kann ja immer etwas schiefgehen.“

„Hoffen wir das Beste. Wenn ihr herkommt, kannst du mir deine Meinung über Sierra sagen.“

„Ist dir das wichtig?“

„Natürlich. Ich habe mir deine Sara ja auch angeguckt, bevor du dich auf sie eingelassen hast.“

„Das ist wohl wahr.“

„Und ich blicke bei Sierra einfach nicht durch“, gestand Ben ein. „Sie behauptet, dass sie nichts von mir will, dass sie das Kind allein aufziehen kann. Aber das wird nicht passieren.“

„Sei auf der Hut, wenn du das Kind anerkennen willst.“

„Sicher. Wie du weißt, kenne ich mich ein bisschen mit dem Gesetz aus“, scherzte er.

Kurz darauf beendete er das Telefonat und machte sich auf die Suche nach Miguel. Er brannte darauf, Sierra zu sehen. Gefühlsgeladene Ereignisse wie Hochzeiten förderten für gewöhnlich die besten als auch die schlechtesten Charakterzüge in den Leuten zutage. Er wollte ihr Verhalten sorgfältig beobachten, um festzustellen, ob sie wirklich so aufrichtig war, wie sie zu sein vorgab.

Denn Taten sagen mehr als Worte …

Ben stand neben Miguel auf der linken Seite des Hochzeitsbogens und wartete auf das große Ereignis: den Einmarsch der Braut am Arm ihres Vaters.

Doch zuerst erschien die Trauzeugin. Sierras Anblick wirkte auf ihn überwältigend. In ihrem türkisfarbenen Kleid aus zartem fließenden Stoff sah sie atemberaubend aus. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht ging ihm besonders unter die Haut. Deutlich war ihr anzumerken, wie überglücklich sie für ihre Freunde war.

Wie von Miguel instruiert, ging Ben ihr entgegen, reichte ihr den Arm und führte sie zur rechten Seite des Bogens. Sie hielt sich an ihm fest, als wäre die Situation zu gefühlsgeladen für sie, um sie ohne Stütze durchzustehen. Dann ließ sie ihn abrupt los und trat beiseite, als wolle sie ihm ihre Selbstständigkeit beweisen. Unwillkürlich starrte er sie einen Moment an, bevor er an seinen Platz neben Miguel...