Die kirchliche Umweltbewegung in der DDR in den Jahren von 1971 bis 1989 - Das kirchliche Forschungsheim Wittenberg

von: Viktoria Meidel

GRIN Verlag , 2007

ISBN: 9783638859356 , 83 Seiten

Format: PDF, ePUB

Kopierschutz: frei

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 36,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Die kirchliche Umweltbewegung in der DDR in den Jahren von 1971 bis 1989 - Das kirchliche Forschungsheim Wittenberg


 

Magisterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Kulturwissenschaften - Europa, Note: 2,0, Universität Leipzig (Institut für Kulturwissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Rolle der Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war immer ein politisches Problem. Sie waren die einzigen gesellschaftlichen Großorganisationen, die nicht in das System der DDR fest eingebunden werden konnten. In ihrem Umfeld formierten sich Opposition und Widerstand . Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages 'Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland' stellte fest, dass die Kirchen in der DDR die einzigen Institutionen waren, die nicht gleichgeschaltet wurden . Es lässt sich feststellen, dass im Schutz der Kirchen abweichendes und widerständiges Verhalten sowie oppositionelles Handeln erprobt wurde . Die Kirchen gewährten jenen Schutz, die sonst keinen Schutz fanden. Diese besondere Rolle der Kirche lässt sich aus dem Fakt heraus erklären, dass sie der einzige, relativ autonome Raum in einer von oben durchorganisierten Gesellschaft war . Besonders junge Menschen fanden Offenheit, Toleranz, Gemeinschaft und vor allem Hoffnung. Gegenstand dieser Arbeit ist es die Rolle der evangelischen Kirchen in der DDR am Beispiel der kirchlichen Umweltbewegung zu beleuchten. Betrachtet werden soll der Untersuchungszeitraum von 1971 bis 1989. Besonders hervorgehoben wird dabei das Kirchliche Forschungsheim in Wittenberg (KFH). Die Idee zu diesem Thema entstand durch die Arbeit im KFH während eines ökologischen Jahres, durchgeführt durch die Verfasserin. Dort war die Problematik Kirche und Umweltarbeit in der DDR nach der Wiedervereinigung immer noch ein Thema. Nach 1989 galt das Hauptaugenmerk weiterhin der Ökologie sowie dem umweltbewussten Handeln innerhalb und außerhalb der Kirchen. Im Jahr 2005 wurde das KFH an die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalts angegliedert und als Forschungsstelle Ökologische Bildung und Beratung weitergeführt und ausgebaut. Wird die Geschichte der DDR betrachtet, so muss zwangsläufig auch immer die Geschichte der Opposition berücksichtigt werden. Das Entstehen der Opposition weist auf die Ursachen der lang anhaltenden Systemkrise der DDR hin. Es bildeten sich im Laufe der Zeit die verschiedensten oppositionellen Gruppierungen heraus, dazu gehörten Friedens-, Menschenrechts-, Umwelt-, Zweidrittelwelt- und Frauengruppen. Diese politisch alternativen Gruppen wollten sich nicht zurückziehen oder anpassen, sondern die Gesellschaft verändern. Das Dreiecksverhältnis zwischen Kirche, Staat und den aktiven Gruppen entstand Ende der 70er Jahre. Da es in der DDR keine Presse- und Versammlungsfreiheit gab, waren die Gruppen auf Räume und Vervielfältigungsmöglichkeiten sowie auf den rechtlichen Schutz der Kirche angewiesen . Die Gruppen blieben während ihrer Arbeit sachlich und auch personell mit den Kirchen eng verbunden. Es kann gesagt werden, dass die Kirche als Schutzdach für die Oppositionsbewegung wirkte . Die kirchliche Umweltbewegung war ein Teil der umfassenderen Oppositionsbewegung in der DDR. Zu den Tabus in der DDR-Öffentlichkeit gehörte das Thema Umweltschutz. In den 80er Jahren beruhten die Vorschriften zur Geheimhaltung von Umweltinformationen vor allem auf dem Beschluss des Ministerrats vom 16. November 1982 der 'Anordnung zur Gewinnung oder Bearbeitung zum Schutz von Informationen über den Zustand der natürlichen Umwelt in der DDR' . Dies hatte zur Folge, dass es seit dem 16. November 1982 offiziell keine Umweltprobleme mehr gab. Über die gesundheitlichen Folgen der Umweltverschmutzung in der DDR wurde schon seit den 70er Jahren nicht mehr berichtet . Für den Umweltschutz fehlten finanzielle und technische Voraussetzungen. Die Umweltzerstörung hatte zu dieser Zeit in der DDR schon verheerende Ausmaße angenommen. 'Schon 1969 galten 10% (= 300000 ha) der Waldfläche in der DDR als durch Luftverschmutzung, besonders Schwefeldioxid (...), gefährdet bzw. geschädigt' . In der Kirche versammelten sich nun Menschen, die etwas für die Rettung der Umwelt tun wollten. 1987 schätzte man ungefähr 70 Umweltgruppen in der DDR, die eine Stärke von sechs bis 60 Mitglieder hatten . Das KFH, das 1927 durch Otto Kleinschmidt in Wittenberg gegründet wurde und dessen Hauptaufgabe am Beginn seiner Entstehung der Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaft war, nahm dabei eine koordinierende Stellung ein. Die ökologische Frage wurde ab Mitte der 70er Jahre zum Arbeitsschwerpunkt des KFH. Es entwickelte sich in den ersten Jahren der Umweltbewegung zu einem sehr wichtigem Umwelt- und Forschungszentrum. Dort wurden die jährlichen Koordinationstreffen der Umweltgruppen organisiert. Es ermöglichte die Herausgabe von Umweltzeitschriften und rief zu überregionalen Aktionen auf. Seit 1979 nahm das KFH sehr rasch an Bedeutung zu und war als Anlaufpunkt sowie als Koordinationsstelle entscheidend am Aufbau der kirchlichen Umweltbewegung beteiligt. Seit der Wiedervereinigung sind mit Hilfe der verfügbaren Archivbestände, aber auch unter der Einbeziehung regionaler und persönlicher Überlieferungen, schon zahlreiche Einzeluntersuchungen zur Situation der Kirche in der DDR entstanden. Auch eine Vielzahl von Autobiografien und Biografien sind erschienen. Dabei zu beachten ist, dass die kirchliche Aktenüberlieferung wesentlich knapper ausfällt, als die der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und des DDR-Staates, was dazu führen könnte, dass das kirchliche Handeln zu sehr mit Hilfe der Akten des SED-Staates analysiert wird. Einige der wenigen authentischen schriftlichen Quellen ist der Samisdat, der das geistige Leben im Sozialismus vor dem völligen Ersticken bewahrt hat . Samisdat bedeutet Selbstverlag von Büchern und Zeitschriften, die nicht erscheinen dürfen. Eine Besonderheit des DDR-Samisdat waren ökologische Texte und Recherchen, die das authentische Bild dessen, was geschehen war, widerspiegeln . Die Schriften der evangelischen Kirche, die einen politischen Inhalt hatten, zählen zu den Wurzeln des Samisdat. Es ist heute möglich, die Geschichte der Kirchen in der DDR angemessen aufzuzeigen. Allerdings liegen nur wenige Arbeiten zur kirchlichen Umweltbewegung vor. In Untersuchungen zur DDR-Oppositionsbewegung finden sich Aspekte über die Umweltbewegung, die als Teil der Oppositionskräfte beschrieben werden. Spezielle Arbeiten zum KFH gibt es zurzeit noch nicht. In der Literatur zur Umweltbewegung findet es immer wieder Erwähnung, aber ausführlichere Arbeiten sind noch nicht erschienen. Zur Bearbeitung dieses Schwerpunktes wurde sich auf die Materialien des KFH gestützt. Dazu gehören Briefwechsel zwischen dem Forschungsheim, verschiedenen Institutionen sowie kirchlichen Mitarbeitern, die Schriften des KFH und die Protokolle verschiedener Treffen und Sitzungen. Bis Ende 2006 befanden sich diese Materialien noch im Forschungsheim Wittenberg. Um eine gewissenhafte Aufbewahrung und Aufarbeitung zu gewährleisten, hatte sich die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalts entschlossen, die gesamten Schriften der Robert-Havemann-Gesellschaft in Berlin zu übergeben. Das dort ansässige Matthias-Domaschk-Archiv soll die Aufarbeitung und Katalogisierung übernehmen. Dies ist leider bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht geschehen. Trotzdem wurde es ermöglicht, mit dem noch unarchivierten Material zu arbeiten. Um eine gewisse Übersichtlichkeit zu gewähren, hat die Verfasserin im Literaturverzeichnis eine Auflistung des genutzten Materials vorgenommen, welches auf die gleiche Weise auch in den Fußnoten verwendet wird. Im ersten Teil der Arbeit werden die theoretischen Grundlagen dargelegt. Die Entwicklung der evangelischen Kirche und ihre Oppositionsrolle sowie die umweltpolitischen Rahmenbedingungen in der DDR werden hier besonders genau betrachtet. Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der kirchlichen Umweltbewegung, welche anhand ausgewählter Literatur als Überblick, beginnend in den 80er Jahren, systematisch dargestellt wird. Hierbei soll der Beginn der Umweltbewegung skizziert werden, um dann genauer auf die kirchlichen Umweltgruppen, die Bestandteil der Opposition waren, einzugehen. Die Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit der Rolle der evangelischen Kirchen. Die katholische Kirche wird in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt. Hauptsächlich auf Protokolle, Berichte und Briefwechsel des KFH stützt sich der dritte Teil der Arbeit, in dem es gilt, das Wirken und Schaffen des Forschungsheims im Zusammenhang mit der kirchlichen Umweltarbeit darzustellen. Fand eine Vernetzung zwischen den Gruppen statt? Wie sah die Arbeit des KFH aus? Welche Aktionen wurden initiiert und durchgeführt? Welche Schriften entstanden dort? Wurde politisch gearbeitet? Abschließend gilt es die Ergebnisse darzustellen und einen Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten zu geben. Der Umfang der Arbeit lässt es nicht zu, den kompletten Zeitraum im Detail zu betrachten. Von 1971 bis 1989 wird überblicksartig der historische Hintergrund dargestellt. Bei der Aufarbeitung der Materialien des KFH musste sich auf einen wesentlich kürzeren Zeitraum beschränkt werden. Hier sollen die Jahre 1980 bis 1989 im Vordergrund stehen. Schwerpunkte bilden die Vertretertreffen der kirchlichen Umweltgruppen, welche ab 1983 stattfanden und von der Forschungseinrichtung in Wittenberg organisiert wurden. Weiterhin sind die Publikationen des Forschungsheims, insbesondere die Zeitschrift 'Briefe zur Orientierung im Konflikt Mensch-Erde' (Briefe) und die Publikation 'Die Erde ist zu retten' von großer Relevanz zur Bearbeitung des Themas.