Psychoanalyse und Kulturanalyse - Vom Nutzen eines Methodentransfers am Beispiel der tiefenhermeneutischen Literaturinterpretation und deren Anwendung auf Kafkas 'Vor dem Gesetz'

von: Jana Thiele

GRIN Verlag , 2008

ISBN: 9783638892018 , 76 Seiten

Format: PDF, ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 29,99 EUR

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Psychoanalyse und Kulturanalyse - Vom Nutzen eines Methodentransfers am Beispiel der tiefenhermeneutischen Literaturinterpretation und deren Anwendung auf Kafkas 'Vor dem Gesetz'


 

Magisterarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Freie Universität Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Erkenntnisgegenstand der Psychoanalyse ist das Unbewußte des Analysanden, der einer tiefenhermeneutischen Literaturinterpretation die latente Sinnstruktur des Textes. Allein die Sprache scheint auf den ersten Blick Untersuchungsgegenstand dieser beiden Disziplinen. Nun machen aber gerade, ausgewiesen in Freuds technischen Schriften, die Hinweise auf die Art und Weise der Durchführung der Psychoanalyse deutlich, daß sowohl die Äußerungen des Analysanden wie die Deutung des Analytikers sich nicht auf das Gesagte beschränken lassen. Die Notwendigkeit der Deutung des Analytikers ergibt sich aus der Annahme der Psychoanalyse, daß der Analysand das Gesagte nicht meint. In diese Lücke springt der Analytiker. Seine Aufgabe besteht darin, dem Analysanden die Bedeutung des Gesagten zu erschließen. Das Unbewußte kann nicht ,gesagt' werden, vielmehr kann die Semantik des Wunsches nur durch die Pragmatik der Analysesituation erschlossen werden. Denn in ihr laufen, nonverbal, Übertragungs- und Gegenübertragungsvorgänge ab. Gerade Freuds technische Schriften machen deutlich, daß die Technik nicht von inhaltlichen Aspekten getrennt werden kann. Einem ähnlichen Paradox sieht sich der Leser und Interpret gegenüber: Literatur handelt immer auch vom Unsagbaren. Nicht anders als in der Analyse ist es die spezielle Beziehung zwischen Interpret und Interpretandum, die diese Spanne überbrücken muß. Der Text variiert nicht, bietet keine Assoziationen, dies hat der lesende Interpret zu leisten. Wenn aber der Literaturwissenschaftler der Interpret des Textes ist, also die Rolle des Analytikers einnimmt, ist er angewiesen auf seine eigenen Assoziationen. Ungeklärt bei alledem erscheint bei einem ersten Blick also schon die Rollenverteilung. Wenn man von der Technik der klassischen Psychoanalyse ausgeht, müßte man wohl eher vermuten, daß der Text die Rolle des Analytikers übernimmt. Liest also der Interpret nicht viel eher sein Unbewußtes als das des Textes? Nicht unberechtigt demnach auch die Frage: Wer liest wen? Daher ist zunächst die Offenlegung der eigenen Voraussetzungen und des methodischen Vorgehens des Interpreten bei einer psychoanalytisch operierenden Literaturwissenschaft unabdingbar, genauso wie es die Lehranalyse ist, um den Analytiker der Arbeit mit dem Analysanden zu befähigen.