Psychotherapie Ratgeber - Ein Wegweiser zur seelischen Gesundheit

von: Hans Morschitzky

Springer-Verlag, 2007

ISBN: 9783211336168 , 254 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 20,67 EUR

Mehr zum Inhalt

Psychotherapie Ratgeber - Ein Wegweiser zur seelischen Gesundheit


 

8. Grenzbereiche der Psychotherapie (S. 229-230)

Berufliche Abgrenzungen

Psychotherapeuten und andere Psycho-Berufe

Psychotherapie ist nach wie vor ein umstrittenes Gebiet. Ärzte sehen die Psychotherapie gerne als Teil der ärztlichen Heilkunde, namentlich der Psychiatrie und der Psychosomatik, Psychologen gerne als Teil der Klinischen Psychologie. Aus der Sicht vieler Psychotherapeuten, vor allem auch aus der Sicht des österreichischen Psychotherapiegesetzes, ist die Lage klar: Psychotherapie ist eine eigenständige Wissenschaft, Psychotherapeut ein eigenständiger Beruf, ein eigener Heilberuf. Psychotherapie ist weder der Medizin noch der Psychologie untergeordnet, wenngleich sie sich des Wissens beider Disziplinen bedient.

Bei seelischen Problemen wissen viele Menschen nicht, welcher Fachmann für sie zuständig ist. Zahlreiche psychisch Kranke sind überrascht, dass der aufgesuchte Psychiater nicht auch automatisch zumindest eine kürzere Psychotherapie durchführt, der aufgesuchte Psychologe oft kein Psychotherapeut ist und damit keine Verrechnungsmöglichkeit mit den Krankenkassen hat, der aufgesuchte Psychotherapeut bzw. Psychologe bei Bedarf nicht auch Medikamente verschreiben kann.

Wenn Psychologen einen Doktor-Titel aufweisen, werden sie – vor allem in Österreich, wo alle Ärzte einen Doktor-Titel führen – oft mit Ärzten verwechselt, dabei haben sie ihren Titel nur durch eine Doktorarbeit erworben. Einige Hinweise können hilfreich sein, die verschiedenen Psycho-Berufe besser auseinander halten zu können. Die wohl häufigste Verwechslung besteht beim Beruf des Psychologen und des Psychiaters.

Ein Psychotherapeut ist jemand, der nach den gesetzlichen Grundlagen eine Psychotherapie-Ausbildung absolviert hat. Vom Grundberuf her ist ein Psychotherapeut in Deutschland in der Erwachsenenpsychotherapie ein Arzt ("Ärztlicher Psychotherapeut") oder ein Diplom-Psychologe („Psychologischer Psychotherapeut"), in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie auch ein Pädagoge. In Österreich kommen dagegen noch zahlreiche andere akademische Berufe, vor allem aber auch nichtakademische Grundberufe („Quellenberufe") in Frage. Die Mehrzahl der europäischen Länder fordert bei Psychotherapeuten eine akademische (meist ärztliche oder psychologische) Vorbildung.

In Deutschland dürfen auch Heilpraktiker Psychotherapie ausüben, sich jedoch nicht „Psychotherapeut" nennen. Nichtärztliche Psychotherapeuten arbeiten bei körperlichen Erkrankungen oder psychiatrischen Störungen mit medikamentöser Behandlungsbedürftigkeit mit Ärzten zusammen. Bei einer nichtärztlichen Psychotherapie wird von den deutschen und österreichischen Krankenkassen der schriftliche Nachweis einer ärztlichen Untersuchung zwecks Ausschluss organischer Ursachen der behandelten Störung gefordert. Ein Psychoanalytiker ist ein Psychotherapeut, der eine Psychoanalyse nach den gesetzlichen Ausbildungsrichtlinien absolviert hat.

Ein Psychologe ist jemand, der Psychologie studiert und in Deutschland mit dem Diplom abgeschlossen hat, sodass er „Diplom-Psychologe" genannt wird. Nur studierte Psychologen dürfen sich so nennen. In Österreich beenden Psychologen ihr Studium mit dem Magister-Titel und erwerben nach einem zweijährigen nebenberuflichen Curriculum die Berufsbezeichnung „Klinischer Psychologe" und/oder „Gesundheitspsychologe". Zukünftig gibt es einen EUweiten Master-Abschluss. In Deutschland darf ein Diplom-Psychologe ohne Psychotherapie-Ausbildung keine psychisch Kranken behandeln.

In Österreich führt ein Klinischer Psychologe nach dem Psychologengesetz bei psychisch Kranken eine klinisch-psychologische Behandlung durch, ein Gesundheitspsychologe arbeitet dagegen mit psychisch Gesunden in der Gesundheitsvorsorge. Ein Psychiater ist jemand, der Medizin studiert und danach eine Facharzt- Ausbildung absolviert hat. Ein Psychiater ist – im Gegensatz zu Psychologen und nichtärztlichen Psychotherapeuten – zur Verschreibung von Medikamenten (Psychopharmaka) berechtigt. Psychiater üben in unterschiedlichem Ausmaß auch zeitintensive Psychotherapie aus oder bieten im Rahmen einer Kassenpraxis zumindest psychotherapeutisch orientierte kürzere Gespräche an. Im Rahmen der üblichen Facharztpraxis ist bei Kassenvertragsärzten meist nicht jene intensive psychotherapeutische Auseinandersetzung möglich, wie dies von vielen Psychotherapiebedürftigen oft gewünscht wird. Die Betroffenen sollten ihre Wünsche anmelden und um Weitervermittlung ersuchen, wenn der Psychiater keine oder nur wenig Psychotherapie anbietet.