Lernen - Gehirnforschung und die Schule des Lebens

von: Manfred Spitzer

Spektrum Akademischer Verlag, 2002

ISBN: 9783827413963 , 528 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 29,70 EUR

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Mehr zum Inhalt

Lernen - Gehirnforschung und die Schule des Lebens


 

7 Schlaf und Traum (S.121)

Erinnern wir uns an die Experimente mit Ratten, die sich in einem Kasten zurechtfinden mussten, aus Kapitel 2. Ein Jahr, nachdem diese Experimente publiziert waren, kam aus der gleichen Forschergruppe eine weitere wichtige Arbeit.

Das Experiment war im Grund ganz einfach: Man ließ die Ratten nach dem Erlernen des neuen Raums ein Nickerchen halten und leitete weiter Signale von Neuronen des Hippokampus ab. Hierbei zeigte sich, dass während des Schlafs genau diejenigen Neuronen, die unmittelbar zuvor neue Repräsentationen ausgebildet (sprich: gelernt) hatten, nochmals aktiviert wurden. Wozu sollte dies gut sein?

Konsolidierung und Schlafstadien
Vielleicht hat der eine oder andere Leser bei sich selbst schon beobachtet, dass man tagsüber eine Sache lernen möchte, sie aber trotz größter Anstrengung einfach nicht richtig fertig bringt. Enttäuscht vom Ergebnis der eigenen Bemühungen wendet man sich ab, um dann erstaunt festzustellen, dass am nächsten Tag alles „wie geschmiert" klappt.

Ganz offensichtlich spielen sich nach dem Lernen noch weitere Verarbeitungsschritte des Gelernten ab, die zu einer Verbesserung der Lernleistung führen. Man bezeichnet diese seit gut einhundert Jahren bekannte Nachverarbeitung und Verfestigung von Inhalten im Gedächtnis als Konsolidierung (vgl. Lechner et al. 1999). Seit mehr als zehn Jahren bringt man diesen Vorgang mit dem Schlaf in Verbindung, da Schlafentzug nach dem Lernen das Behalten beeinträchtigt (vgl. Gais et al. 2000, Maquet 2000, Stickgold 1998, Stickgold et al. 2000a, b).

Schlaf ist jedoch nicht gleich Schlaf. Seit mehr als 50 Jahren ist bekannt, dass es unterschiedliche Phasen während des Schlafs gibt, die auch als Schlafstadien bezeichnet werden. Der schlafende Mensch selbst bemerkt im Grunde nichts davon, sondern ist abends müde, schläft mehr oder weniger ungestört und wacht morgens ausgeschlafen wieder auf.

Leitet man jedoch Hirnströme ab und misst die Augenbewegungen sowie die Muskelanspannung, findet man ganz unterschiedliche Zustände im Verlauf einer äußerlich betrachtet ganz einheitlichen durchschlafenen Nacht (vgl. Abb. 7.1). Einen dieser Zustände bezeichnet man als Tiefschlaf, wobei verschiedene Tiefen dieses Schlafs unterschieden werden. Die elektrische Aktivität des Gehirns in diesem Zustand ist ganz anders als im Wachzustand, und man schläft (daher der Name) recht tief, d.h. ist nur schwer zu wecken.

Wenn man abends einschläft, so verändert sich die Hirnstromkurve zunächst immer mehr in Richtung Tiefschlaf. Nach einiger Zeit jedoch geschieht etwas Eigenartiges: Der Schlaf wird wieder leichter (also weniger tief) und man könnte meinen, der Schläfer wacht gleich wieder auf.

Tatsächlich kommt nun eine Schlafphase, während der die Hirnstromkurve genauso aussieht, als sei man wach. Gleichzeitig jedoch ist man am allerschwersten weckbar (man schläft also sehr fest) und die Anspannung der Muskeln ist noch geringer als im Tiefschlaf: Man ist völlig schlaff.

Nur die Augenmuskeln machen wilde Zuckungen und verursachen rasche Augenbewegungen. Dieser Schlaf ist so eigenartig, dass man ihn früher als paradoxen Schlaf bezeichnet hat. Das Gehirn ist elektrisch wach, lässt aber nichts hinein (höchste Weckschwelle) und nichts hinaus (geringste Muskelspannung).

Der heute für dieses Schlafstadium allgemein verwendete Name ist von den schnellen Augenbewegungen (Rapid Eye Movements) abgeleitet: Man bezeichnet diesen Schlaf als REM-Schlaf.