Anwendungsorientierte Pflegeforschung - Ethik in der Pflege

Anwendungsorientierte Pflegeforschung - Ethik in der Pflege

von: AnetteThoke-Colberg

W. Zuckschwerdt Verlag, 2004

ISBN: 9783886038626 , 247 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 20,99 EUR

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Anwendungsorientierte Pflegeforschung - Ethik in der Pflege


 

Progressive Muskelrelaxation (PMR) nach Jacobson (S. 77-78)

Vorstellung der Methode

B.Wardetzki

Sektion Physikalische und Rehabilitative Medizin, Klinik für Orthopädie und Physikalische Medizin, Universität Halle Forschungsergebnisse belegen, dass psychische Belastungen und Stress häufig eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von gesundheitlichen Beschwerden spielen. Entspannungsmethoden haben dementsprechend in den letzten Jahren als Maßnahmen zur Vorbeugung oder als Therapie ohne schädliche Nebenwirkungen an Bedeutung gewonnen.

In den 20er-Jahren entwickelte Prof. Schultz das Autogene Training, und etwa zeitgleich Dr.Edmund Jacobson in den USA die Progressive Muskelrelaxation, ein an der Muskulatur ansetzendes Entspannungsverfahren. Unter der Vielzahl der heute angewendeten Entspannungsverfahren sind diese beiden Methoden am weitesten verbreitet und am besten erforscht. Entspannungstraining kann die Fähigkeit verbessern, Alltagsbelastungen in günstiger Weise zu bewältigen, kann die Gesundheit stärken und die Lebensqualität erhöhen. Dabei darf Entspannungstraining natürlich nicht als ein »Wundermittel« zur Lösung aller Lebensprobleme missverstanden werden. Aber das regelmäßige Praktizieren des Trainings ist im Sinne eines gesundheitlichen Schutzfaktors ein wichtiger eigener Beitrag, um die seelische und körperliche Gesundheit zu schützen und zu stärken. Die Progressive Muskelrelaxation, kurz PMR genannt, hat bisher in Deutschland einen geringeren Bekanntheitsgrad als in den USA.Doch die Zahl der angebotenen Kurse steigt, da diese Methode vielen Teilnehmern wegen des pragmatischen und »handfesten« Charakters zumindest als Einstieg in das Entspannungstraining besonders zusagt.

Während bei anderen Entspannungsverfahren in aller Regel etwas Geduld bis zu den ersten spürbaren Wirkungen aufgebracht werden muss, werden bei der PMR meist bereits nach den ersten Übungen Entspannungsempfindungen wahrgenommen.

Ein weiterer Grund für das wachsende Interesse liegt darin, dass diese Methode als das durch wissenschaftliche Studien bisher am besten untersuchte und in seinen positiven Wirkungen überzeugendste Entspannungsverfahren gilt.

Der Zusammenhang zwischen psychischer und muskulärer Spannung ist der Mechanismus, über den die PMR wirksam werden kann. Edmund Jacobson beschäftigte sich als Wissenschaftler zu Beginn unseres Jahrhunderts intensiv mit der Funktionsweise der Muskulatur. Dabei fiel ihm auf, dass innere Unruhe, Stress und Angst mit Anspannungen der Muskulatur einhergehen.

Ein Mensch, der innerlich angespannt oder ängstlich ist, ist meist auch muskulär angespannt. Allerdings führt nicht nur psychische Anspannung zu höherer Muskelanspannung. Es gilt auch der umgekehrte Fall, dass eine Lockerung der Muskulatur in aller Regel mit einem Ruhegefühl einhergeht.Wir haben es hier mit einem Zusammenhang zwischen Psyche und Körper zu tun, der in beide Richtungen besteht:

Die Psyche wirkt auf den Körper und umgekehrt. Das bedeutet, körperliche Veränderungen können auch Änderungen im psychischen Befinden hervorrufen. Der Großteil der »Zivilisationserkrankungen« wird in ihren Entstehungsbedingungen nach Jacobsons Auffassung vor allem durch die Annahme einer gestörten persönlichen Ökonomie verständlich.Vor allem überfordernder Stress und seelische Belastungen führen häufig zu Verspannungen der Muskulatur,wodurch z.B. Rücken- und Gelenkbeschwerden sowie Kopfschmerzen hervorgerufen werden können. Geistige Aktivitäten beeinflussen nicht nur die Willkürmuskulatur, sondern auch im Sinne reflexartiger Reaktionen die unwillkürliche Muskulatur. Diese Annahme macht die Entstehung von Fehlregulationen in Hinblick auf die Funktion der Organe verständlich. Beispielsweise können spannungsbedingte Verkrampfungen der Herzkranzgefäße bei entsprechender Vorschädigung zu Angina pectoris oder auch Herzinfarkten beitragen. Ebenso können durch neuromuskuläre Überstimulation Störungen und Erkrankungen der Verdauungsorgane, Bluthochdruck, arthritische Beschwerden, Störungen des Nervensystems und der Psyche mitbedingt werden. Durch die Methode der PMR soll dem Übenden eine möglichst tiefgehende Entspannung ermöglicht werden. Um dies zu erreichen, wird zunächst die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Muskelgruppe gelenkt, z.B. auf Unterarm u. Hand. Dann wird diese Muskelgruppe für 5–10 sec angespannt (Zeit u.Anspannungsstärke werden den jeweiligen Erfordernissen angepasst). Der Patient erhält dabei z.B. den Übungsauftrag, die Hand zur Faust zu schließen, wobei die entstehenden Empfindungen möglichst genau wahrgenommen werden sollen. Daraufhin erfolgt eine Entspannungsphase von 15–30 sec Dauer, dabei wird wiederum die Aufmerksamkeit auf die entstehenden Körperempfindungen gerichtet. Der Übungsablauf ist so aufgebaut, dass die verschiedenen Muskelgruppen nacheinander in das Training einbezogen werden. Üblicherweise werden in den Kursen für PMR zunächst in »Langformen« relativ viele Übungen einbezogen, bevor dann »Kurzformen« geübt werden, die relativ wenig Zeit benötigen.