Psychosomatik - . E-BOOK

von: Manfred Velden

Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2007

ISBN: 9783862340286 , 117 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 45,00 EUR

Mehr zum Inhalt

Psychosomatik - . E-BOOK


 

"Ansätze in der Psychosomatik (S. 29-30)

So wie sich in der Psychotherapie vor allem Psychoanalyse und Verhaltenstherapie gegenüberstehen, finden wir in der Psychosomatik den psychoanalytischen und den verhaltensmedizinischen Ansatz (Behavioral Medicine). Allerdings sind, wie wir sehen werden, die lernpsychologischen Mechanismen, die der Verhaltensmedizin den entscheidenden Auftrieb gaben, gänzlich andere als die, die zu Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts der Verhaltenstherapie zum Durchbruch verhalfen.

Kurioserweise war es vor allem ein postulierter und nie empirisch validierter, ja mit Sicherheit gar nicht existierender Mechanismus: die operante Konditionierbarkeit vom ANS gesteuerter Funktionsänderungen (s. u.). Im Folgenden ist neben dem Psychoanalytischen Ansatz der Psychoanalytiker Franz Alexander separat erwähnt, nicht nur wegen seiner überragenden Bedeutung für die Psychosomatik, sondern auch weil er, im Unterschied zu vielen psychoanalytisch orientierten Kollegen, die Bedeutung physiologischer Prozesse immer wieder in den Vordergrund gestellt und in diesem Sinne auch ein primär physiologisch begründetes Krankheitsentstehungsmodell vorgestellt hat.

Der psychoanalytische Ansatz und Franz Alexander


Wie wir gesehen haben, hat der große Einfluß psychoanalytischen Denkens in der Psychosomatik einen historischen Grund, die Akzeptierung des von Freud für die »hysterischen« Symptome entwickelten Krankheitsentstehungsmodells in der Medizin. Insofern gibt es einen spezifisch psychoanalytischen Ansatz, also einen solchen, der die spezifischen Mechanismen der Symptomentstehung beschreibt, eigentlich nur für eine, an der Gesamtheit der als psychosomatisch angesehenen Krankheiten gemessen recht kleinen Gruppe von Erkrankungen, die in Anerkennung von Freuds Modell heute so bezeichneten Konversionssymptome. Wie eingangs erwähnt gehen den meisten (und schwersten) psychosomatischen Erkrankungen, wie z. B. den Koronarerkrankungen, den Magen- und Zwölffingerdarmerkrankungen oder dem Asthma Bronchiale, lang anhaltende und starke, von ANS und Hormonsystem gesteuerte Fehlfunktionen voraus.

Auf diese ist, wie gezeigt, Freuds Annahme der Symbolbedeutung einer Krankheitssymptomatik nicht anwendbar, da sie, aus eindeutigen, physiologischen Gründen, mentale Inhalte nicht symbolisch zum Ausdruck bringen können. Allerdings, und deshalb ist oben der Begriff »eigentlich« benutzt worden, haben Psychosomatiker immer wieder autonom und hormonell gesteuerte Fehlfunktionen symbolisch ausgedeutet. Insofern kann man auch für die aus diesen Fehlfunktionen resultierenden Erkrankungen einen spezifisch psychoanalytischen, hier allerdings falschen, Ansatz konstatieren. Auf die psychischen Ursachen von Erkrankungen, ebenso wie auf die psychischen Ursachen von Verhaltensstörungen, kann psychoanalytisches Denken allerdings immer angewendet werden, und natürlich tut dies jeder Analytiker, selbst wenn er, wie Franz Alexander, die symbolische Ausdrucksfähigkeit autonomer und hormoneller Fehlfunktionen ablehnt.

Für die Psychosomatik autonomer und hormoneller Fehlfunktionen können psychoanalytische Ursachenzuschreibungen nur insofern Erklärungswert besitzen, als sie psychische Prozesse postulieren, die mit bestimmten Funktionsänderungen einhergehen. Ein Beispiel ist die von Franz Alexander angenommene unbewußte psychische Regression auf ein frühes Stadium der Kindheitsentwicklung, in dem die Nahrungsaufnahme eine wichtige Rolle spielt, welche Funktionsveränderungen im Bereich des Magen-Darmtraktes zur Folge hat (s. unten). Dergleichen Funktionsveränderungen können bei den verschiedensten Konfliktkonstellationen vorkommen, im Beispiel bei allen Konfliktkonstellationen, die zu einer psychischen Regression führen. Insofern können sie natürlich nicht in symbolischer Form auf spezifische Aspekte einer bestimmten Konfliktkonstellation verweisen. "