Das Geständnis des Fleischhauers

Das Geständnis des Fleischhauers

von: Hussain Al-Mozany

Verlag Hans Schiler, 2010

ISBN: 9783899302974 , 280 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,99 EUR

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Das Geständnis des Fleischhauers


 

3 (S. 36-37)

Nun kauerte ich seit Tagen unter der riesigen, frostigen Kuppel dieser ägyptischen Abgeschiedenheit, verwelkt, fern von den Angehörigen, meinen in unzähligen Schlachthöfen für immer verlorenen Angehörigen. Ich wusste nicht, wo ich meinen letzten Atemzug aushauchen würde, aber ich wusste genau, dass es niemanden gab, der mich aus dieser unfreiwilligen Wirrnis herausholen würde. Vorbei die Zeit, in der ich noch klein war und meine Mutter mir Schlaflieder sang, vorbei die Zeit, in der ich auf dem Webstuhl meiner Großmutter saß, sie mir Tee bereitete und Märchen aus dem Marschland erzählte.

Niemand wird mir nun vorsingen, niemand mich trösten, niemand. Von fernen Gegenden des Nordens hierhergekommen, vertrieben, in meiner Niederlage alleinstehend, hoffte ich, Zuflucht für meine umnebelte Seele zu finden. Europa! Ja, das Europa der blauen Nächtlichkeit, der verjagten Geister, der Heimsuchungen, der Verbrennung, des feinen Hasses. Europa, in dem die Scham- und Achselhaare lang und lockig wachsen.

Du hast viele Dinge dazugelernt: Dass der Mensch ewig anfault, mit schiefem Mund, weil allein der Mund sich bewegt, während alles andere gelähmt bleibt, stammelnd und rhetorisch in einem. Du hast gelernt, den Menschen garstig und widerwillig zu begegnen, ihren schön verpackten Hass zu ertragen, bis du die Menschen verabscheutest, ohne zu wissen, warum du das erst jetzt tust, und du glaubst, dass sie dasselbe Gefühl dir entgegenbringen. Wenn du einem von ihnen begegnest, vermeidest du, ihm direkt in die Augen zu schauen und er schaut seinerseits nicht in den Spiegel deiner Seele. Wenn einer dir ein schönes Wort sagt, wirst du um so misstrauischer.

Du ver mutest, das Böse darin entdeckt zu haben. Wenn man nach deiner Befindlichkeit fragt, überkommt dich blanke Beklemmung. Alles ist lauter Selbstherrlichkeit, Selbstdarstellung, alles ist kleingehacktes Deutsch. Du selbst weißt auch nicht genau, warum du all das verabscheust, nur wenn du in deinem glühenden Hass die allgemein geachtete rote Linie überschreitest, machst du kehrt. Dann bist du grundsätzlich bereit, dem Deutschen zu vergeben und dich mit ihm zu versöhnen, du willst dann nichts anderes bewirken als Vergebung und noch einmal Vergebung.

Aber jedesmal, wenn du dies zeigst, stehst du deinem Ende näher. Natürlich, das ist Europa, das unumgängliche Unheil, das moderne Babylon, immer im Herzen der Gefahr zu leben, immer im Dickicht des nackten Seins, deine Boote und Vorboten in unbekannte Gewässer hinauszutreiben, in staubverwirbelten Schlachtfeldern, immer Krieger, immer Bekriegter, Feind der anderen, den Gegner notfalls zwingend, Versöhnung zu erbitten.

Trotzdem bedeutet dir das alles nicht allzu viel, weil du glaubst, dass es nun an dir vorübersaust, aber ist das wirklich so? Du weißt schon, dass die Seele nachgiebig ist, unterwürfig, verderblich. Sie vergisst als erste die körperhafte Vergangenheit. Dir ist beigebracht worden, dass alles, was dich umgibt, nur dein Feind sein kann, dir auflauert, dich jede Sekunde vernichten will. Alles ist dein Erzfeind, die Zeit, die Geschichte, die Ehefrau und nicht zuletzt Klimp, der Sohn des Gauleiters. Es ist die höchste Torheit des nördlichen Wesens, entwaffnet und ohne Feind zu leben, denn der Mensch ist nur da, um einen Feind zu besiegen. Sie überfallen dich, vernichten Land und Menschen, verbrennen die Erde, hungern die Massen aus, rauben gleichermaßen Geist und Verstand, verruchter, ruchloser