Mein Herz will zurück zu dir

Mein Herz will zurück zu dir

von: Cathy McDavid

CORA Verlag, 2011

ISBN: 9783863497323 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 2,49 EUR

  • Lektüreschlüssel. Uwe Timm: Am Beispiel meines Bruders - Reclam Lektüreschlüssel
    John Sinclair 1719 - Totenmarsch
    Vampira - Folge 04 - Landrus Ankunft
    Jerry Cotton 2817 - Nimm das Geld und flieh!
    Maddrax 298 - Beim Ursprung
    Jerry Cotton 2818 - Kap ohne Hoffnung
  • John Sinclair 1718 - Die Messerkatze

     

     

     

     

     

     

     

     

 

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Mein Herz will zurück zu dir


 

1. KAPITEL

Kaum hatte Jolyn Sutherland die schwere Tür des Pferdeanhängers geöffnet, stürmte Sindbad, ihr siebzehnjähriger Schecke, auch schon wiehernd und unter ohrenbetäubendem Hufgetrappel rückwärts aus dem Wagen. Hastig griff Jolyn nach seinem Halfter, bevor das Tier sich allein auf den Weg zu seinem Stall und dem Eimer mit Hafer machte.

„Dieses Pferd wird sich wohl nie ans Reisen gewöhnen.“

„Hallo, Dad!“

„Willkommen!“, rief Milt Sutherland seiner Tochter zu. „Wie war die Fahrt über die Berge?“

„Bis auf zwei kleine Staus lief alles prima.“ Ohne den Schmerz in ihrem linken Bein zu beachten, rannte Jolyn mit Sindbad im Schlepptau ihrem Vater entgegen.

Der schloss sie in die Arme, und für einen Moment war Jolyn wieder das kleine Mädchen, das sich bei ihrem großen, starken Daddy immer geborgen fühlen konnte.

„Es ist schön, wieder zu Hause zu sein“, seufzte sie und schmiegte sich an seine Brust.

„Und es ist schön, dich wieder hier zu haben, mein Schatz.“

Sie hatte solche Sehnsucht nach Blue Ridge gehabt, dieser kleinen Stadt, wo jeder jeden kannte und die Karaokenacht bei Sage’s als die Samstagabend-Unterhaltung schlechthin galt. Das Einzige, was hier noch schöner war, als den Sonnenaufgang hinter dem Gipfel des Saddle Horn Butte zu betrachten, war zuzusehen, wie sie am Abend hinter den weit entfernten Verde Mountains unterging.

Jolyn war in den letzten neun Jahren mit ihrer Rodeo-Showtruppe durch die Lande getingelt und hätte diese Zeit gegen nichts eintauschen wollen, außer für diese Umarmung ihres Vaters.

„Deine Mutter ist in der Küche und kocht, als wollte sie eine Armee verköstigen“, sagte ihr Vater lächelnd. „In den letzten Tagen war sie das reinste Nervenbündel. Sie hat sich wohl Sorgen gemacht hat, dass du die Fahrt von Dallas hierher nicht überstehen könntest. Besonders bei dieser Hitze. Ich sage dir, der Sommer kommt inzwischen jedes Jahr früher.“

„Jetzt sind wir ja da.“ Sie küsste ihn auf die Wange. „Glücklich und unversehrt.“

„Glücklich vielleicht. Aber unversehrt?“ Er nickte vielsagend in Sindbads Richtung.

Jolyn wirbelte herum. „Ach du Schande! Wie ist denn das passiert?“

Erst jetzt bemerkte sie die hässliche Wunde unterhalb von Sindbads linker Schulter. Sie war mindestens zehn Zentimeter lang, ziemlich tief und blutete.

„Ich habe den Anhänger vor der Abfahrt heute Morgen in Phoenix noch einmal genau überprüft“, erklärte sie bestürzt. „Und Onkel Leroy auch.“

Auf der viertägigen Fahrt von Texas in den Norden von Arizona hatte Jolyn bei Freunden und Verwandten übernachtet und heute Mittag bei ihrem Bruder in Pineville Station gemacht, um Sindbad – und sich selbst – nicht zu überanstrengen.

„Dann muss er sich irgendwo zwischen Pineville und hier verletzt haben. Vielleicht am Boxengatter.“

„Hm, wahrscheinlich. Dabei bin ich wirklich ganz langsam gefahren.“

„Dieses Pferd war schon immer ein Tollpatsch.“

Jolyn schluckte die Bemerkung hinunter, die ihr auf der Zunge lag. Manche Menschen gaben lieber dem Pferd als dem Reiter die Schuld. Doch Jolyn wusste es besser. Für ihre Missgeschicke war allein sie verantwortlich, auch für dieses. „Er ist eben sehr temperamentvoll. Deshalb hat er ja auch alle diese Rodeos gewonnen und es zum Star gebracht.“

Ihr Vater lächelte. „Ja, er war wirklich einsame Spitze damals. Und du auch.“

Mit zwanzig hatte Jolyn ihre Heimatstadt verlassen, sich einer Westernreitertruppe angeschlossen und war mit Sindbad kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten gezogen. Ihr Sprung ohne Sattel über einen Planwagen voll mit Pappmascheesiedlern war der Höhepunkt der Show gewesen.

Doch vor etwas mehr als einem Jahr hatte ihre Karriere ein jähes Ende gefunden, als Sindbad bei diesem Paradesprung schwer gestürzt war. Sindbad hatte sechs Wochen gebraucht, um sich von diesem tragischen Unfall zu erholen – Jolyn sogar ein halbes Jahr. Dass sie überhaupt wieder laufen konnte, hatte sie nur den hervorragenden Ärzten zu verdanken.

Dieser Unfall war das Schlimmste, was ihr hatte passieren können, aber auch das Beste, wenn hier in Blue Ridge alles gut für sie liefe.

„Hast du noch Antibiotika im Haus?“, fragte sie ihren Vater, während sie liebevoll Sindbads Hals tätschelte.

„Nein, leider nicht.“

Das überraschte Jolyn nicht, denn seit sie von zu Hause weggegangen war, hielten ihre Eltern keine Pferde mehr.

Jolyn zog ihr Handy aus der Hosentasche. „Ich werde Chase anrufen.“

„Ist das wirklich nötig? Er wird wahrscheinlich gerade beim Abendessen sitzen.“

„Die Wunde ist recht tief und muss versorgt werden.“

„Wir haben noch etwas Jod im Haus.“

„Mir wäre aber wohler, wenn Chase einen Blick auf die Verletzung wirft.“

Chase Raintree war der Tierarzt von Blue Ridge, der Einzige im Umkreis von fünfzig Kilometern. Er und Jolyn waren Freunde, solange sie denken konnten. Und obwohl sie sich in den letzten Jahren nur selten gesehen hatten, war Jolyn überzeugt, dass er sofort kommen würde, wenn sie ihn anriefe.

„Das Pferd hält es gut bis morgen früh aus“, versuchte ihr Vater ihre Bedenken zu zerstreuen. „Du kannst gleich nach dem Frühstück in die Tierhandlung fahren und ein Medikament besorgen.“

„Das mache ich, falls Chase wirklich keine Zeit hat.“

Sie klappte ihr Handy auf, tippte Chase’ Nummer ein und hoffte, dass es noch dieselbe war wie früher. Seine Eltern waren vor einigen Jahren in Pension gegangen und hatten Chase das Haus in Mesa überlassen, in dem er seitdem mit seiner acht Jahre alten Tochter Mandy lebte.

Milt griff nach der Hand seiner Tochter. „Das ist vielleicht keine so gute Idee.“

„Warum?“ Jolyn sah ihren Vater überrascht an.

„Deine Mutter und er … haben unterschiedliche Ansichten.“

„Bezüglich Mandy?“

„Hm.“

„Wirklich?“ Jolyns Mut sank. „Ich dachte, Mom hätte sich inzwischen damit abgefunden.“

„Sie hat ihre Meinung kürzlich geändert.“

„Warum hast du mir das nicht erzählt?“

Ihr Vater seufzte resigniert. „Ich wollte dich vor deiner Fahrt nicht aufregen, denn ich fand, dass du ohnehin schon genug um die Ohren hattest.“

„Und, wie kam es dazu?“

„Ganz genau weiß ich es nicht. Mandy fing an, Ballettunterricht zu nehmen … das war im letzten Herbst, glaube ich. Und seit ein paar Wochen wettert deine Mutter wieder gegen Chase.“

Dottie Sutherland betrieb im Gemeindezentrum ein kleines Tanzstudio und bot an drei Nachmittagen Unterricht an. Die meisten Mädchen in der Stadt und sogar der eine oder andere Junge lernten früher oder später bei ihr das Tanzen. Als Kind hatte auch Jolyn zwei Jahre Ballettunterricht über sich ergehen lassen, bis sie eines Tages ihre Tanzschuhe an den Nagel hängte und in Cowboystiefel geschlüpft war.

„Kannst du ihr nicht sagen, dass sie das lassen soll?“

Milt lachte trocken. „Das sollte wohl ein Scherz sein, wie?“

„Bei dieser leidigen Sache geht es nicht nur um Mom, sondern in erster Linie um die kleine Mandy. Sie weiß es immer noch nicht, oder?“

„Ich glaube nicht.“

„Ich kann mich nicht auf Moms Seite schlagen, wenn es bedeutet, Mandy zu verletzen.“ Oder Chase, setzte sie im Stillen hinzu.

Ihr Vater machte ein finsteres Gesicht. „Ich weiß auch nicht, was plötzlich in deine Mutter gefahren ist. Sie benimmt sich in letzter Zeit so komisch.“

„Wie komisch?“

„Einfach nicht wie sonst.“ Er atmete seufzend aus. „Ich habe sie immer wieder gefragt, was denn los ist, aber sie rückt nicht mit der Sprache raus.“

„Na, vielleicht kann ich sie doch dazu bewegen, mir ihr Herz auszuschütten.“

„Versuchen kannst du es ja“, meinte er, doch überzeugt klang er dabei nicht.

Als Sindbad unruhig mit den Vorderhufen scharrte und die Wunde wieder zu bluten begann, traf Jolyn eine Entscheidung. Sie wäre gern zu ihrer Mutter gelaufen, um sie zu begrüßen, doch zuerst musste Sindbad verarztet werden. Sie drehte ihn herum und führte ihn zurück zum Anhänger. „Ich fahre schnell rüber zu Chase.“

Ihr Vater folgte ihr. „Was ist mit dem Abendessen?“

„Es wird nicht lange dauern.“

„Nach allem, was dein Pferd dir angetan hat, verzärtelst du es viel zu sehr.“

„Bitte, Dad, nicht jetzt.“ Sie freute sich so, wieder zu Hause zu sein, und hatte keine Lust, alte Unstimmigkeiten aufzuwärmen. Um die Situation zu entspannen, gab sie ihm noch einen Kuss auf die Wange. „Ich bin bald zurück, versprochen.“

Bis zu Chase war es nur eine halbe Meile. Sie würde ihn von unterwegs anrufen. Und falls er nicht zu Hause sein sollte, würde sie auf ihn warten und Sindbads Wunde schon einmal mit dem Gartenschlauch reinigen.

Und wenn er sie nicht sehen wollte?

Natürlich will er mich sehen, sagte sie sich. Chase mochte...