Zum Heiraten verführt

Zum Heiraten verführt

von: Penny Jordan

CORA Verlag, 2011

ISBN: 9783863497200 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 2,49 EUR

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Zum Heiraten verführt


 

1. KAPITEL

Die Türklingel schrillte. Ruby stieß eine Verwünschung aus. Sie blieb auf Händen und Knien am Boden und hoffte, der Besucher möge aufgeben, damit sie in Ruhe weiterputzen konnte. Aber es klingelte erneut, lange und durchdringend, regelrecht unverschämt diesmal.

Ruby fluchte und kroch rückwärts aus der Toilette im Erdgeschoss. Sie fühlte sich verschwitzt und klebrig und hatte nicht die geringste Lust, sich bei ihrem Kampf gegen den Schmutz stören zu lassen, weil sie die Zeit nutzen wollte, solange die Zwillinge in der Schule waren. Aber was blieb ihr anderes übrig? Mit einem unwirschen Stöhnen richtete sie sich auf und strich sich mit beiden Händen die weichen blonden Locken aus dem Gesicht, bevor sie zur Eingangstür des Hauses ging, das sie mit ihren beiden älteren Schwestern und ihren Zwillingssöhnen bewohnte. Dort angelangt riss sie die Tür auf.

„Also wirklich, ich …“ Der Rest ihres Satzes blieb ihr im Hals stecken, als sie sah, wer da auf ihrer Schwelle stand.

Schock, Ungläubigkeit, Angst, Wut, Panik und noch etwas, das sie in der Eile nicht zuordnen konnte, explodierten mit so einer ungeheuren Wucht in ihr, dass sie ganz weiche Knie bekam.

Natürlich war seine Kleidung – im Unterschied zu ihrer eigenen – von auserlesener Eleganz. Der dunkle Geschäftsanzug war garantiert nicht von der Stange, das hellblaue Hemd gestärkt und makellos gebügelt, während sie eine alte Jeans und ein ausgeleiertes T-Shirt trug. Obwohl es natürlich völlig egal war, wie sie aussah. Sie wollte ihn schließlich nicht beeindrucken, oder? Und erst recht hatte sie keinen Grund, sich zu wünschen, dass er sie begehrenswert fand.

Die Jahre schienen spurlos an ihm vorübergegangen zu sein. Sein Gesicht war unverändert, dieses Gesicht, von dem sie erst in ihren Träumen und später in ihren Albträumen verfolgt worden war. Genau genommen sah er sogar noch aufregender, noch männlicher aus als in ihrer Erinnerung, die bernsteinfarbenen Augen, die sie einst so fasziniert hatten, immer noch genauso zwingend.

Die Überraschung, die ihr für einen Moment die Sprache geraubt hatte, verwandelte sich in Angst. Instinktiv versuchte Ruby, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen, um nicht nur ihn als Person, sondern auch alles, wofür er stand, aus ihrer Welt auszuschließen. Aber Sander war schneller. Er stellte einen Fuß zwischen die Tür, und einen Augenblick später war er im Haus. Ruby erkannte mit Schrecken, dass sie mit ihm in dem kleinen Vorraum, in dem es nach Putzmitteln roch, gefangen war.

Nach Putzmitteln und seinem – Sanders – Duft, den der Putzmittelgeruch nicht überdecken konnte … Ruby spürte, wie sich ihr die Nackenhaare aufstellten, sie bekam eine Gänsehaut. Das war lachhaft, absolut lachhaft. Sander bedeutete ihr nichts, genauso wenig wie sie selbst ihm in jener Nacht etwas bedeutet hatte … Aber darüber sollte sie jetzt wirklich nicht nachdenken. Sie musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, nicht auf das, was irgendwann einmal gewesen war – und sich an das Versprechen halten, das sie den Zwillingen bei ihrer Geburt gegeben hatte: dass sie ihre Vergangenheit hinter sich lassen würde.

Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass diese Vergangenheit sie einholen könnte, doch genau das war jetzt passiert.

„Was willst du hier?“, fragte sie schroff.

Auch wenn sein Mund mit dieser schön geformten Oberlippe und der vollen Unterlippe rein ästhetisch gesehen das Versprechen von Sinnlichkeit perfekt einlöste, hatte doch der Blick, den er ihr zuwarf, ganz und gar nichts Sinnliches. Und seine Worte waren so eisig wie die Luft an jenem Wintermorgen, an dem er sie vor diesem Hotel in ein Taxi gesetzt hatte.

„Die Antwort kennst du, da bin ich mir ganz sicher“, sagte er in einem Englisch, das genauso flüssig und akzentfrei war, wie sie es in Erinnerung hatte. „Ich will meine Söhne.“

Deine Söhne?“ Es gab nichts, womit er Ruby mehr gegen sich hätte aufbringen können. Ihr normalerweise blasses Gesicht errötete vor Entrüstung, und ihre blaugrünen Augen sprühten Funken.

Es war mehr als sechs Jahre her, seit dieser Mann sie mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt benutzt und weggeworfen hatte wie ein altes Taschentuch. Wie ein billiges, aus einer spontanen Laune heraus gekauftes Kleidungsstück, das sich bei genauerem Hinsehen als unbrauchbar erwiesen hatte. O ja, natürlich war ihr klar, dass sie für das, was in jener Nacht passiert war, niemand anders als sich selbst verantwortlich machen konnte. Immerhin war sie es ja gewesen, die mit ihm – beschwipst oder nicht – geflirtet hatte, ganz egal was für Entschuldigungen sie für ihr peinliches Benehmen auch im Nachhinein finden mochte. Jawohl, sie schämte sich für ihr Verhalten, aber für das Ergebnis in Gestalt ihrer wunderschönen, heiß geliebten Söhne schämte sie sich ganz bestimmt nicht. Für die Zwillinge hatte sie sich keine Sekunde geschämt und würde sie sich auch nie schämen. Vom ersten Moment an war sie entschlossen gewesen, ihnen eine gute Mutter zu sein, auf die die beiden stolz sein konnten, eine Mutter, die ihr verbürgtes Recht auf Leben keine Sekunde lang infrage gestellt hatte, ganz egal wie sehr sie die Umstände ihrer Zeugung auch bedauern mochte.

Ihre Söhne waren alles für sie, ihre Söhne waren ihr Leben.

„Meine Söhne …“, begann sie.

„Meine Söhne, meinst du wohl. In meinem Land hat nämlich automatisch der Vater das Sorgerecht für seine Kinder.“

„Du bist aber nicht der Vater meiner Söhne“, behauptete Ruby entschieden.

„Du lügst“, konterte Sander, während er ein Foto aus der Tasche zog und ihr hinhielt.

Ruby spürte, wie ihr alles Blut aus dem Gesicht wich. Sie sah es sofort: Das Foto stammte von jenem Tag, an dem die ganze Familie ihre mittlere Schwester, die nach Italien fliegen wollte, zum Flughafen gebracht hatte. Die Zwillinge waren ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.

Sander, dem nicht entging, dass Ruby blass geworden war, gestattete es sich, ihr einen triumphierenden Blick zuzuwerfen. Natürlich waren das seine Söhne. Das war ihm auf Anhieb klar gewesen. Die verblüffende Ähnlichkeit mit ihm hatte ihn in seinen Grundfesten erschüttert wie nichts jemals zuvor.

Dem Detektiv, den er mit der Suche beauftragt hatte, war es nicht schwergefallen, Ruby aufzuspüren. Beim Lesen des Abschlussberichts hatte Sander allerdings gestutzt. Die Nachforschungen der Detektei hatten ergeben, dass Ruby eine fürsorgliche, aufopferungsbereite Mutter war, von der auf keinen Fall anzunehmen war, dass sie ihre Kinder jemals freiwillig aufgeben würde. Nach einigem Nachdenken war Sander dann allerdings zu der Überzeugung gelangt, dass Rubys Liebe zu seinen Söhnen sein stärkstes Argument war.

„Der Platz meiner Söhne ist bei mir, die Insel, auf der ich lebe, ist ihr Zuhause, das sie eines Tages erben werden. Nach unserem Gesetz gehören sie mir.“

Gehören? Kinder sind kein Besitz, und kein Gericht in diesem Land würde es je wagen, sie mir wegzunehmen.“

Panik flackerte in ihr auf, aber sie war wild entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen.

„Glaubst du das wirklich? Wo du im Haus deiner Schwester lebst, das mit Hypotheken belastet ist, die abzutragen das Geld fehlt? Außerdem hast du weder Arbeit noch ein eigenes Einkommen. Du hast ja nicht einmal einen Beruf, während ich meinen Söhnen alles bieten kann. Bei mir bekommen sie ein richtiges Zuhause, eine gute Erziehung, eine erstklassige Ausbildung und eine aussichtsreiche Zukunft.“

Obwohl sie völlig geschockt war, was er alles über sie herausgefunden hatte – er musste einen Privatdetektiv engagiert haben –, war Ruby immer noch entschlossen, sich nicht von ihm einschüchtern zu lassen.

„Gut möglich, dass du rein materiell gesehen die besseren Möglichkeiten hast. Aber kannst du ihnen auch die Liebe geben, die sie brauchen? Wohl kaum … weil du sie nämlich nicht liebst. Wie solltest du auch? Du kennst sie ja nicht einmal.“

So … darauf sollte er jetzt erst einmal antworten. Doch obwohl sie sich tapfer behauptet hatte, war ihr unterschwellig klar, dass Sander eine Wahrheit ausgesprochen hatte, die sie auf Dauer nicht ignorieren konnte. Und irgendwann würde sie gezwungen sein, dieser Wahrheit ins Auge zu blicken.

„Natürlich bin ich mir bewusst, dass sie eines Tages mehr über ihren Vater werden erfahren wollen“, räumte sie ein.

Dieses Eingeständnis fiel ihr nicht leicht. So wie es ihr auch nicht leichtgefallen war, den Zwillingen auf ihre Frage, ob sie denn einen Vater hätten, zu antworten. Sie hatte ihnen erzählt, dass ihr Daddy weit weg in einem fremden Land lebte, was ja auch den Tatsachen entsprach. Allerdings war ihr dabei zum ersten Mal richtig bewusst geworden, was es für ihre Kinder bedeutete, ohne die Liebe ihres Vaters aufwachsen zu müssen. Und eines Tages würden es nicht mehr die Fragen zweier kleiner Jungen sein, die schnell ablenkbar waren, sondern die von Jugendlichen, die sich weigerten, sich mit so einer vagen Antwort abspeisen zu lassen.

Instinktiv wich Ruby Sanders Blick aus, um zu verhindern, dass er ihre Beunruhigung spürte. Sie wusste schon jetzt, wie schwer es ihr fallen würde, den Zwillingen irgendwann die ganze Wahrheit zu erzählen. Das war ein...