Heisse Küsse - kaltes Herz?

Heisse Küsse - kaltes Herz?

von: Abby Green

CORA Verlag, 2010

ISBN: 9783942031714 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 2,49 EUR

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Heisse Küsse - kaltes Herz?


 

1. KAPITEL

Ein Monat später. Hotel Four Seasons, San Francisco

Kate fühlte sich noch mehr wie eine Ware als sonst, doch sie verdrängte diese Gedanken und setzte ein professionelles Lächeln auf, während die Versteigerung weiterging. Das Knallen des Auktionshammers neben ihr ließ sie ständig zusammenzucken. Dass ein sehr bekannten Hollywood-Schauspieler den Auktionshammer schwang, machte das Ganze nicht einfacher. Trotz ihrer langjährigen Erfahrung als Topmodel fühlte sie sich unter prüfenden Blicken immer noch nicht wohl, aber sie hatte gelernt, das zu verbergen.

„Fünfundzwanzigtausend. Fünfundzwanzigtausend Dollar von dem Gentleman hier vorn. Bietet noch jemand mehr?“

Der Mann im Scheinwerferlicht mit dem geschmeidigen Lächeln war ein bekannter griechischer Reeder. Er war alt, klein, fett und glatzköpfig, und seine glänzenden schwarzen Augen musterten Kate gierig, während er sich quasi die Lippen leckte. Für eine Sekunde fühlte sie sich im Rampenlicht sehr verletzlich und allein. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Wenn nicht noch jemand anderes –

„Ah! Wir haben noch einen Bieter dort hinten – dreißigtausend Dollar von dem Neuankömmling.“

Erleichtert versuchte Kate, den neuen Bieter hinter den grellen Scheinwerfern zu erkennen. Offenbar waren auch die Lichttechniker im Saal auf der Suche nach ihm, denn der Kegel des Scheinwerfers schwenkte von einer hübsch frisierten Person zur nächsten. Doch alle lachten nur und winkten ab. Der Bieter schien entschlossen, anonym zu bleiben. Nun, tröstete sich Kate, wer auch immer es ist – es kann nicht schlimmer sein, ihn statt Stavros Stephanides vor all diesen Leuten zu küssen.

„Jetzt bietet Mr. Stephanides hier vorn vierzigtausend Dollar … langsam wird es interessant! Kommt schon, Leute, greift noch ein bisschen tiefer in die Tasche. Wie könnt ihr euch die Chance entgehen lassen, diese wunderschöne Frau zu küssen und gleichzeitig für einen wohltätigen Zweck zu spenden?“

Bei Stephanides’ Entschlossenheit zog sich Kates Magen wieder zusammen – aber dann erkannte der Schauspieler eine Bewegung hinten im Saal. „Fünfzigtausend Dollar von dem anonymen neuen Bieter. Sir, treten Sie doch bitte vor und zeigen Sie sich.“

Doch niemand trat vor, und aus irgendeinem Grund lief Kate ein Schauer über den Rücken. Dann sah sie den Ausdruck von beinahe komischer Entrüstung auf Stephanides Gesicht, während er herumfuhr und sich nach seinem Konkurrenten umsah. Die Miene des Griechen verdunkelte sich sichtlich, als ihm jemand etwas ins Ohr flüsterte. Offensichtlich war er gerade über den Namen seines geheimnisvollen Konkurrenten informiert worden. Mit einem hörbaren Zischen erhöhte Stephanides seinen Einsatz auf hunderttausend Dollar. Als sie diese horrende Summe hörte, unterdrückte Kate einen Aufschrei, und ihr Lächeln schwand.

Die Leute tuschelten miteinander, und es kam Bewegung in den hinteren Teil des Saals. Wer immer dieser Bieter war, er sorgte für Aufregung. Und dann erhöhte auch der Unbekannte noch einmal ruhig sein Gebot – auf zweihunderttausend Dollar. Es sah nicht so aus, als wären ihre Qualen bald beendet.

Liam Quinn verabscheute große, prahlerische Gesten. Sein Name stand eigentlich für Diskretion. Diskretion in jeder Hinsicht – was seinen Reichtum anging, seine Arbeit, sein Leben und ganz besonders seine Affären. Er hatte eine zehnjährige Tochter. Zwar lebte er nicht wie ein Mönch, aber er präsentierte seine sorgfältig ausgewählten Geliebten auch nicht in aller Öffentlichkeit, wie es andere Männer in seiner Position so gern taten.

Keine seiner Geliebten verkaufte ihre Geschichte jemals an die Presse. Er sorgte dafür, dass seine Expartnerinnen so gute Abfindungen erhielten, dass sie sein Vertrauen nicht missbrauchen mussten. Unschöne Konfrontationen vermied er, und er hielt sein Privatleben streng privat. Keine seiner Geliebten hatte jemals seine Tochter kennengelernt, weil er nicht beabsichtigte, noch einmal zu heiraten. Ihnen Rosalie vorzustellen, wäre einem Grad an Intimität gleichgekommen, der allein für seine Familie reserviert war: seine Tochter, seine Schwester und seine Mutter.

Liams Geliebte sorgten für seine Entspannung. Nicht mehr, nicht weniger.

Und doch war er jetzt hier und bot öffentlich, wenn auch im Moment noch diskret und im Namen der Wohltätigkeit, um das Privileg, Kate Lancaster küssen zu dürfen – eine der meistfotografierten Frauen der Welt. Weil er sich zum ersten Mal seit Langem nicht um Diskretion scherte. Er wollte diese Frau und hatte dieses Verlangen zu lange ignoriert. Ein Verlangen, das er sich erst vor Kurzem wirklich eingestanden hatte und von dem er glaubte, dass es gestillt werden konnte.

Es war über Jahre gewachsen und mit schleichender Heimtücke zu einem unbewussten Bedürfnis geworden. Und jetzt, nachdem er sich dessen endlich bewusst geworden war, hatte es sich in eine brennende Notwendigkeit verwandelt. Seine Mundwinkel zuckten; diese Jahre waren nicht gerade ereignislos gewesen und hatten ihm nicht viel Zeit zum Nachdenken gelassen. Eine kurze Ehe und eine erbitterte Scheidung, gefolgt von den anstrengenden Aufgaben eines alleinerziehenden Vaters, nahmen einen Großteil dieser Zeit ein. Mit mehr Muße wäre ihm vielleicht viel eher klar geworden, dass … Er unterbrach seine Gedanken. Egal. Jetzt war er jedenfalls hier.

Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Kate, und plötzlich glaubte er, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Dieses Gefühl brachte er sonst nur mit Geschäftlichem in Verbindung und nicht mit Emotionalem. Aber hier ging es nicht um Gefühle, sondern um Verlangen. Unerfülltes Verlangen.

Vielleicht lag es daran, dass er sich endlich gestattete, wieder daran zu denken – an jenen Moment vor zehn Jahren. Es war kaum mehr als ein Kuss gewesen, und doch brannte er heißer in seiner Erinnerung als alles, was er davor oder danach erlebt hatte. Seine gesamte Willenskraft war nötig gewesen, um sich an jenem Abend wieder von ihr zu lösen. Seitdem war Kate aus einer ganzen Reihe von Gründen absolut tabu für ihn: weil dieser explosive Moment ihn viel mehr aufgewühlt hatte, als er sich eingestehen wollte, weil sie so jung und die beste Freundin seiner kleinen Schwester war.

Er war davon überzeugt gewesen, sein Verlangen nach ihr vollkommen unter Kontrolle zu haben. Aber eines Abends vor einigen Jahren war er auf der Straße mit einer Frau zusammengestoßen: blond, viel zu stark geschminkt und äußerst leicht bekleidet. Das Gefühl ihres Körpers an seinem und ihre großen blauen Augen hatten sein Gehirn benebelt und sein Verlangen derart angeheizt, dass er seine Verabredung an jenem Abend unter einem fadenscheinigen Vorwand heimgeschickt und wochenlang keine andere Frau mehr eines Blickes gewürdigt hatte. Die junge Frau in dem aufreizenden Zimmermädchenkostüm ging ihm nicht aus dem Kopf, weil sie irgendwie aussah wie …

An dieser Stelle unterbrach Liam seine Gedanken. Er ärgerte sich über das Aufflackern von etwas so Unwichtigem, das er längst vergessen geglaubt hatte – und über die Tatsache, dass Kate seine Gedanken offenbar stärker beherrschte, als er bislang gedacht hatte. Er versicherte sich selbst, dass er genug andere Sorgen hatte – und Geliebte, die es ihm einfach machten, die frostige Ablehnung einer einzigen Frau zu vergessen. Kate ein- oder zweimal pro Jahr zu sehen, hatte den Funken dieses latenten Verlangens jedenfalls nicht wieder aufflammen lassen.

Doch vor ein paar Wochen … auf der Taufe … da hatte sie sich zu ihm umgedreht und ihn zum ersten Mal hinter die kühle Fassade blicken lassen. Dabei hatte er eine Leidenschaft in den bodenlosen Tiefen ihrer blauen Augen entdeckt, die er seit jener Nacht verloren geglaubt hatte. Nach diesem Blick waren alle seine Versuche, sich daran zu erinnern, dass sie für ihn tabu war, fruchtlos gewesen. Es war fast, als habe er all die Jahre geschlafen und sei jetzt mit einem Mal wieder schmerzhaft zum Leben erwacht …

Kate trug ein Cocktailkleid in dunklem Pink, trägerlos, sodass ihre zarten Schultern und ihr schlanker Nacken zu sehen waren. Das lange blonde Haar – ihr Markenzeichen – fiel ihr in offenen Wellen über die Schultern und umrahmte ihr Gesicht, in dem große blaue Augen leuchteten. Die vollen Lippen schimmerten rosig. Sie war einfach so umwerfend schön, dass jeder Mann im Raum sich davon angezogen fühlte – etwas, das Liam sehr bewusst war. Unangenehm bewusst.

Er verspürte den besitzergreifenden Drang, sie von der Bühne zu holen und den Blicken der anderen zu entreißen. Und das bestärkte ihn nur in seinem Entschluss und gab ihm das Gefühl, das Richtige zu tun.

Warum hatte er überhaupt so lange gewartet? Jetzt war Kate eine Frau von Welt – die Art von Frau, die er verführen konnte, und kein unschuldiges Mädchen mehr … Ein scharfer Schmerz, der sich wie Bedauern anfühlte, durchzuckte ihn kurz, aber Liam unterdrückte ihn. Er würde jetzt endlich dieses Verlangen befriedigen, das viel zu lange unter der Oberfläche gebrodelt hatte. Sie hatte einmal versucht, ihn zu verführen. Jetzt war er dran. Und diesmal würde es nicht nach einem Kuss enden.

Seine Aufmerksamkeit kehrte zur Versteigerung zurück. Er sah, wie Stephanides wieder bot. Aber er hatte nicht vor, ihn in die Nähe von Kates vollen Lippen zu lassen. Doch der Grieche war stur und wollte nicht verlieren – vor allem jetzt nicht, wo er wusste, wer sein Gegenspieler war. Er und Stephanides waren alte Konkurrenten. Lässig gab Liam ein weiteres Gebot ab und beachtete weder das Aufkeuchen um ihn herum noch die Blicke, die...