Agiles Produktmanagement mit Scrum - Erfolgreich als Product Owner arbeiten

von: Roman Pichler

dpunkt, 2014

ISBN: 9783864914379 , 156 Seiten

2. Auflage

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 19,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Agiles Produktmanagement mit Scrum - Erfolgreich als Product Owner arbeiten


 

1 Einleitung


Zu den Themen agile Softwareentwicklung und Produktmanagement finden sich viele ausgezeichnete Bücher. Eine umfassende Beschreibung agilen Produktmanagements existiert bislang jedoch nicht. Es scheint, als ob die Kenner agiler Methoden einen weiten Bogen um das Thema gemacht haben und die Produktmanagementexperten immer noch versuchen, die schöne neue agile Welt zu verstehen. Mit einer wachsenden Anzahl von Unternehmen, die Scrum einsetzen, wird aber die Frage immer dringender, wie Produktmanagement im Kontext von Scrum gelebt wird. Das vorliegende Buch möchte hierauf eine Antwort geben.

Als ich 1999 zum ersten Mal mit agilen Praktiken in Berührung kam, war ich besonders von der engen Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleuten und Entwicklern beeindruckt. Bis dahin hatte ich geglaubt, dass sich nur Programmierer für Software interessieren. Als ich mein erstes agiles Projekt 2001 betreute, war meine größte Herausforderung, den beteiligten Produktmanagern beim Übergang in die agile Arbeitswelt zu helfen. Auch bei allen anderen Unternehmen, die ich seitdem bei der Einführung von Scrum begleitet habe, hat sich agiles Produktmanagement als die größte Hürde und der wichtigste Erfolgsfaktor herausgestellt – nicht nur um erfolgreiche Produkte mit Scrum zu entwickeln, sondern auch um Scrum langfristig erfolgreich einzusetzen. Um es mit den Worten von Chris Fry und Steve Greene [Fry & Greene 2007, S. 139] zu sagen, die die Einführung von Scrum bei Salesforce.com betreut haben:

Als wir mit dem Rollout [von Scrum] begannen, hörten wir von vielen Experten, dass die Rolle des Product Owner ein kritischer Erfolgsfaktor sei. Obwohl wir dies intuitiv verstanden, war uns das wahre Ausmaß der Veränderungen, die die Product Owner in ihrer Rolle erfahren würden, nicht klar.

1.1 Agiles Produktmanagement im Überblick


Scrum-basiertes, agiles Produktmanagement unterscheidet sich von herkömmlichen Ansätzen, wie Tabelle 1–1 zeigt.1

Konventionell

Agil

Mehrere Rollen, wie Produktmanager, Produktmarketer und Projektmanager, sind dafür verantwortlich, dass ein erfolgreiches Produkt entsteht.

Eine Person, der Product Owner, ist für den Produkterfolg verantwortlich und leitet das Entwicklungsprojekt. Der Product Owner ist Unternehmer im Unternehmen. Kapitel 2 und 6 beschreiben die Rolle des Product Owner ausführlich.

Produktmanager arbeiten weitestgehend unabhängig von den Entwicklungsteams, oft getrennt durch Prozess- und Abteilungsgrenzen sowie separate Arbeitszimmer.

Der Product Owner ist ein Mitglied des Scrum-Teams und arbeitet eng mit ScrumMaster und Team zusammen. Kapitel 2, 4 und 6 diskutieren die Zusammenarbeit im Scrum-Team genauer.

Umfangreiche Marktforschungsarbeiten, Produktplanung und Geschäftsanalyse werden zu Beginn des Innovationsprozesses ausgeführt.

Nur minimale, zum Erstellen der Produktvision notwendige Aufwände werden vorab erbracht. Kapitel 3 beschreibt die Produktvision in Scrum ausführlich.

Die Produktfunktionalität wird vorab festgelegt: Anforderungen werden frühzeitig detailliert und eingefroren.

Produktdefinition ist ein kontinuierlicher Prozess: Durch Kunden- und Anwenderfeedback werden neue Anforderungen im laufenden Projekt entdeckt und existierende verändern sich. Mehr Informationen finden Sie in den Kapiteln 5 und 6.

Kundenfeedback stellt sich meist spät ein, typischerweise im Markttest und bei der Markteinführung.

Das Vorführen und Ausliefern von Produktinkrementen erlaubt, die Marktreaktion frühzeitig zu erkennen und das Produkt im Dialog mit den Kunden zu entwickeln. Kapitel 5 und 6 erklären diese Techniken näher.

Tab. 1–1 Agiles und konventionelles Produktmanagement im Vergleich

Scrum folgt wie andere agile Methoden einer uralten Weisheit: Es sieht Wandel als die einzige Konstante an. »Wenn ein Unternehmen seine Produkte nicht durch seine eigene Forschung überflüssig macht, dann tut dies ein anderes«, schrieb Theodore Levitt in seinem bekannten Artikel »Marketing Myopia« im Jahre 1960 [Levitt 1960]. Und [Christensen 1997] zeigt, dass disruptive Innovationen in jedem Markt auftreten. Lediglich ihre Häufigkeit ist ungewiss. Unternehmen, die sich nicht schnell auf die entsprechende Veränderung einstellen können, sind nicht länger wettbewerbsfähig.

Zum Glück eignet sich Scrum bestens für das Umsetzen von Innovationen. Aufgrund seiner empirischen Natur ist Scrum prädestiniert für Einsatzgebiete, die von Veränderungen, Unsicherheit und Risiko gekennzeichnet sind. Die in diesem Buch aufgeführten Konzepte und Techniken wie das Etablieren eines Product Owner mit klarer Produktverantwortung, das frühe und regelmäßige Einbeziehen von Anwendern und Kunden in die Produktentwicklung, das Reduzieren der Time-to-Market durch die Entwicklung eines schlanken, minimalen Produkts oder das regelmäßige Ausliefern von Produktaktualisierungen verbessern Ihre Innovationskraft und helfen Ihnen, nachhaltig erfolgreich zu wirtschaften.

Dabei sollte Ihnen bewusst sein, dass Scrum im Grunde ein trial-and-error-basierter Prozess ist: Gestartet wird mit einer Vision und einem skizzenhaften Product Backlog. Letzteres bildet den Input für die Erstellung des ersten Produktinkrements. Dieses wird Kunden und Anwendern vorgeführt, um zu verstehen, ob das richtige Produkt mit den richtigen Features entwickelt wird. Das Feedback der Kunden und Anwender fließt in das Backlog ein und beeinflusst so die Entwicklung der nächsten Inkremente. Dieses Vorgehen wird auch als inspect and adapt – als untersuchen und anpassen – bezeichnet.

1.2 Agiles Produktmanagement als Teil eines Ganzen


Damit agiles Produktmanagement langfristig erfolgreich angewandt werden kann, muss es mit zwei weiteren Bereichen harmonieren: mit agilen Managementpraktiken und agilen Entwicklungspraktiken. Dies veranschaulicht Abbildung 1–1:

Abb. 1–1 Der agile Dreiklang

Agile Managementpraktiken helfen Teams, effektiv zusammenzuarbeiten, und werden von einem Framework wie Scrum bereitgestellt [Pichler 2008]. Agile Entwicklungspraktiken stellen sicher, dass Kunden- und Anwenderfeedback rasch in die Software integriert werden kann. Beispiele sind testgetriebene Entwicklung, kontinuierliche Integration oder Pair Programming [Pichler & Roock 2011].

1.3 Über dieses Buch und seine Zielgruppe


Dieses Buch wendet sich an alle, die sich für das Thema agiles Produktmanagement interessieren, insbesondere an diejenigen Leser, die als Product Owner arbeiten oder vorhaben, dies zu tun. Das Buch bespricht die Rolle des Product Owner zusammen mit wichtigen agilen Produktmanagementpraktiken wie die Erstellung der Produktvision, das Anlegen und Pflegen des Product Backlog, das Planen und Verfolgen des Projekts, die Rolle des Product Owner in den Sprint-Besprechungen sowie notwendige Veränderungen zur Etablierung agilen Produktmanagements. Als praktischer Leitfaden hilft Ihnen das Buch, agile Produktmanagementtechniken in Scrum erfolgreich einzusetzen. Im Fokus stehen softwarebasierte Produkte, die von Webapplikationen bis zu Mobiltelefonen reichen.

Bitte beachten Sie, dass das Buch weder eine Einführung in das Thema Produktmanagement noch in das Thema Scrum bietet. Die Lektüre des Buchs setzt ein solides Grundwissen in beiden Themen voraus. Eine umfangreiche Darstellung von Scrum finden Sie in [Schwaber 2004] und [Pichler 2008]. Das vorliegende Buch fokussiert die für Scrum spezifischen Konzepte und Praktiken und klammert andere Produktmanagementbereiche bewusst aus.

Ich hoffe, dass dieses Buch Ihnen dabei hilft, auf eine gesunde und nachhaltige Art und Weise Produkte zu entwickeln, die Kunden begeistern.

1.4 Danksagung


Dieses Buch wäre ohne die Unterstützung vieler Menschen nicht möglich gewesen. Für die vorliegende aktualisierte und erweiterte deutsche Ausgabe möchte ich insbesondere Markus Andrezak, Arne Roock und Stefan Roock für ihre Reviews danken. Außerdem gilt mein Dank Jürgen Dubau, der mich beim Übersetzen unterstützt hat. Ganz besonders möchte ich meiner Frau Melissa Pichler danken, die mir mit Rat und Tat zur Seite stand und mich beim Erstellen der Grafiken unterstützt hat.

Für die englische Ausgabe, auf der dieses Buch aufbaut, bedanke ich mich herzlich bei den folgenden Reviewern (in alphabetischer Reihenfolge): Lyssa Adkins, Geir Amsjø, Markus Andrezak, Gabrielle Benefield, Robert Bogetti, Thomke Buhl, Marty Cagan, Sabine Canditt, John Clifford, Alistair Cockburn, Mike Cohn, Jens Coldeway, Kaustabh Debbarman, Pete Deemer, Chris Fry, Steve Greene, Roland Hanbury, Kevlin Henney, Ben Hogan, Clinton Keith, Andreas Klinger, Hans-Peter Korn, Jochen Krebs, Craig Larman, Bill Li, Lowell Lindstrom, Catherine Louis, Rodrigo Luna, Artem...