Handbuch Robotik - Programmieren und Einsatz intelligenter Roboter

von: Matthias Haun

Springer-Verlag, 2007

ISBN: 9783540369189 , 550 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 82,99 EUR

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Handbuch Robotik - Programmieren und Einsatz intelligenter Roboter


 

2 Modellierung von Robotersystemen (S. 33)

2.1 System
Die Bedeutung der Modellbildung für die Robotik wird in nahezu allen literarischen Werken zur Robotik zwar betont, jedoch auch gleichzeitig unterschätzt. Dies verwundert umso mehr, als daß das Modell als Gegenstand einer Modellbildung gerade in der Fachwissenschaft der Informatik in zahlreichen Facetten vertreten ist. Das Herausstellen von Modelltypen dient nicht nur der begrifflichen Präzisierung der Modellbildung, sondern auch zur Ausarbeitung eines praxisrelevanten Begriffs, der zur späteren Entwicklung von intelligenten Robotersystemen wiederverwendet und notwendig wird.

Der usprüngliche Ausdruck „Kybernetik" ist mittlerweile ein wenig aus der Mode gekommen. Während im Deutschen offiziell nur die Bezeichnung „Steuerungs- und Regelungskunde" eingeführt ist, hat sich in den letzten Jahren eine handlichere Begriffsetikette namens „Systemtheorie" etabliert. Was ursprünglich als eine große Klammer geplant war, ist in der Folge dieser Etablierung in zwei wesentliche Teildisziplinen zerfallen, die teilweise ihre eigenen Wege gehen: System- und Informationstheorie.

Im Rahmen dieses Abschnitts wird daher aus zweckdienlichen Gründen sowohl die historische Scherenbewegung der System- und Informationstheorie wieder zusammengeführt, um dann durch eine Erweiterung des Modellbegriffs diese drei Erkenntnisaspekte zusammenzubringen. Das Gemeinsame an allen „Systemen" ist, daß an ihnen Elemente unterscheidbar sind, und daß diese Elemente in irgendeinem sinnvollen Zusammenhang stehen. Dabei können sie schon rein formal in einen Sinnzusammenhang gebracht werden, indem man sie mental und gedanklich nach Ähnlichkeiten, Symmetrien, Passungen oder aber Gegensätzen zusammenstellt.

Auf diese Weise ist etwa das „periodische System der Elemente" entstanden, und auf derselben konstruktiven Linie liegt ein „Lotto-Wettsystem", aber auch das „Wahnsystem" eines Geisteskranken. In all diesen Fällen meint man mit System ein abstraktes Schema, mit dem der Betrachter Ordnung in seine Wahrnehmungen und Ideen bringt. Er produziert sozusagen auf diese Art und Weise ein somit Idealsystem. Ein Zusammenhang kann aber auch darin liegen, daß die Elemente kausal interagieren. Er wird dann nicht nur vom Betrachter subjektiv gestiftet, sondern tritt ihm handgreiflich als Realkategorie entgegen.

In diesem Sinn spricht man etwa vom „Zentralnervensystem", vom „retikulären" oder „endokrinen System", vom „Sonnensystem" und eben auch vom „Robotersystem". Auch ein Organismus, eine soziale Gruppe, ein Arbeiter an seinem Arbeitsplatz, die Straßen einer Stadt samt Verkehrsampeln, Kraftfahrzeugen und Fußgängern sind reale Systeme in diesem konkreten Sinne. Die Systemtheorie ist zunächst eine interdisziplinäre Wissenschaft, deren Gegenstand in der formalen Beschreibung und Erklärung der strukturellen und funktionalen Eigenschaften solcher natürlichen, sozialen oder technischen Systeme besteht.

2.1.1 Systembegriff
Die Systemtheorie orientiert sich im Regelfall an Realsystemen. Unter einem solchen realen System versteht man Teile der beobachtbaren oder meßbaren Wirklichkeit, die sich durch eine - wie auch immer geartete - Beschreibungsmethodik erfassen lassen. Insofern ist ein solches System ein zunächst von seiner Umgebung abgegrenzter Gegenstand. Die Abgrenzung eines Systems ergibt sich jedoch nicht nur aus seinen physikalischen Grenzen, sondern aus der Fragestellung der Systembetrachtung. Ein wichtiger Bestandteil dieser Betrachtungsweise ist die Umgebung, wobei damit nicht die gesamte übrige Welt gemeint ist.

Vielmehr konstituiert sich diese Umgebung aus denjenigen, für die Fragestellung der Systembetrachtung ebenfalls wichtigen Objekten, die sich außerhalb des Systems befinden. Diese Grenzziehung darf dabei nicht als eine Art Einschränkung aufgefasst werden.