Stimmtherapie mit Erwachsenen - Was Stimmtherapeuten wissen sollten

von: Sabine S. Hammer

Springer-Verlag, 2006

ISBN: 9783540268734 , 290 Seiten

2. Auflage

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 22,99 EUR

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Stimmtherapie mit Erwachsenen - Was Stimmtherapeuten wissen sollten


 

2 Stimme und Einflussfaktoren (S. 39)

2.1 Überblick
Die Voraussetzungen für eine gesunde Stimme sind die einwandfrei funktionsfähigen Strukturen von Kehlkopf, Atemapparat und Ansatzrohr. Die Stimme unterliegt jedoch einer Vielzahl weiterer Einflüsse, die sich direkt oder indirekt auf das Phonationssystem auswirken. Für den Klang einer Stimme spielt die Funktion des gesamten Organismus eine wichtige Rolle, besonders der Zustand des Bewegungs- und Halteapparates. Darüber hinaus kommen Aspekte der Persönlichkeit, z. B. charakterliche Eigenschaften, oder soziokulturelle Ein. üsse zum Tragen. Auch situative Zusammenhänge sind bedeutsam wie Gesprächssituation und Gesprächspartner, verbunden mit Sprechabsichten und Emotionen. Diese Einzelaspekte unterliegen wechselseitigen Ein. üssen, sodass der individuelle Stimmklang durch ein komplexes System von Einzelfaktoren entsteht, die eng miteinander verbunden sind.

2.2 Stimme und Körper
Die Leistungsfähigkeit und die individuellen Merkmale einer Stimme sind durch die anatomischen Strukturen weitestgehend vorgegeben. Indifferenzlage und Stimmgattung ergeben sich aus der Länge der Stimmlippen, der individuelle Klangcharakter hängt von der Form des Ansatzrohres ab. Im Zusammenhang mit der Größe des Stimmapparates steht das mögliche Klangvolumen einer Stimme, für die Leistungsfähigkeit spielt auch die Kapazität der Lungen eine Rolle. Im Rahmen der anlagebedingten Möglichkeiten ist für das Stimmresultat der Gebrauch des Stimmapparates entscheidend.

Die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Stimme hängt also davon ab, wie die Stimmorgane eingesetzt werden. Sie unterliegen dabei dem Ein. uss gesamtkörperlicher Funktionen, was anhand der folgenden Aspekte deutlich wird: , Die Phonationstätigkeit des Stimmapparates ist den Primärfunktionen untergeordnet. Dies spielt besonders bei der Atmung eine bedeutende Rolle. Die Atemaktivität verändert sich in Abhängigkeit vom Sauerstoffbedarf des Körpers, sodass sich je nach körperlichem Aktivitätszustand zwangsläufig.

Veränderungen des Phonationsablaufes ergeben. , Die an der Atemtätigkeit als Atemhilfsmuskulatur beteiligten Muskeln dienen gleichzeitig der Körperhaltung und sind an fast allen Bewegungen des Körpers beteiligt. Die Bedingungen für die Atemtätigkeit verändern sich demnach in Abhängigkeit von Körperbewegung und -haltung. Durch die Doppelventilfunktion des Kehlkopfes, die der Stabilisierung des Brustkorbes bei Bewegungsabläufen dient, ergeben sich direkte Zusammenhänge von Körperbewegungen und Aktivitätszustand der Kehlkopfmuskulatur ( Kapitel 1.2. »Physiologie der Primärfunktionen«). ,

Die Form des Vokaltraktes, besonders des unteren Rachenbereiches, verändert sich im Zusammenhang mit der Kopfhaltung. Beispielsweise kommt es durch die Vorneigung des Kopfes zu einer Verkleinerung des Winkels zwischen Kiefer und Hals. Folge ist eine Verengung des Rachenraumes, die zur Verringerung der Resonanzentwicklung führt. Da sich die Haltung des Kopfes im Wesentlichen aus der Haltung des Rumpfes ergibt, besteht auch darüber ein direkter Zusammenhang zwischen Körperhaltung und Stimmfunktion.

 ,Die Stimmfunktion ist eine Muskelfunktion. Muskeln arbeiten in sog. Funktionseinheiten, d. h., dass Muskelgruppen eines Systems gleichzeitig zur Durchführung einer Bewegung aktiv sind. Muskuläre Funktionseinheiten, die nahe beieinander liegen, beein. ussen sich gegenseitig. Die Spannungszunahme eines Funktionsbereiches führt zur Veränderung der Spannung in benachbarten Regionen, ebenso verhält es sich bei Spannungsabnahme. So führt beispielsweise eine Anspannung des Schulter-Nacken-Bereiches zur Zunahme einzelner Muskelkontraktionen im Kehlkopf.

2.2.1 Haltung und Stimme
Der Bewegungsapparat des Menschen setzt sich aus einem aktiven und einem passiven Teil zusammen. Das Skelett mit seinen Verbindungselementen, den Gelenken, ist der passive Bestandteil des Bewegungsapparates, die Skelettmuskulatur der aktive. Die Tätigkeit der Skelettmuskulatur dient der Bewegung und aufrechten Haltung des Körpers und hängt von der Beweglichkeit der Gelenke ab.