Opiatabhängigkeit - Interdisziplinäre Aspekte für die Praxis

von: Eckhard Beubler, Hans Haltmayer, Alfred Springer

Springer-Verlag, 2007

ISBN: 9783211693896 , 342 Seiten

2. Auflage

Format: PDF, OL

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Preis: 26,96 EUR

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Opiatabhängigkeit - Interdisziplinäre Aspekte für die Praxis


 

Heroinmythologie und Heroinkontrolle (S. 65-66)
Alfred Springer

Einleitung: Die soziale Konstruktion der Drogenkontrolle


In der medizinhistorischen Literatur kann man nur wenige Referenztexte finden, in denen versucht wird, die besondere Position, in die das Acetylmorphin drogenpolitisch geraten ist, und den Prozess, der zu dieser Sonderposition führte, darzustellen und zu interpretieren. Als Ausgangspunkt unserer kritischen Überlegungen dient ein in diesem Kontext 1974 erschienener Artikel über die Entstehung der amerikanischen Suchtgiftgesetzgebung. Sein Autor, A. Saper, kam darin zum Schluss, dass die Drogenpolitik der letzten 80 Jahre überwiegend auf Mythen, Fantasien und historischem Zufall aufgebaut sei. Nur bisweilen sei auch die Vernunft zum Zug gekommen (1). Es gilt nunmehr, diesen Prozess nachzuvollziehen und die Spuren der Mythologisierung in der aktuellen Situation aufzuspüren. Am geeignetsten scheint dazu das Studium der Heroinprohibition. In mancher Hinsicht können Heroinkontrolle und die anderen Formen der Drogenkontrolle nicht scharf voneinander abgegrenzt werden. Die Heroinkontrolle repräsentiert den Gipfel aller Kontroll- und Prohibitionstendenzen, die sich zusammenschlossen, um jene Droge zu bekämpfen, der das Schicksal zugewiesen wurde, als die übelste und gefährlichste von allen klassifiziert zu werden.

Der Mechanismus der Drogenkontrolle – die Entwicklung der Internationalen Kontrolle der Narkotika

Die Opium-Konferenz, die 1912 in Den Haag zusammentrat, formulierte eine Konvention hinsichtlich der Unterdrückung des Missbrauchs von Opium und anderer Drogen. Alle Teilnehmer sagten zu, die Produktion und den Gebrauch des Rohopiums zu beschränken. 1933 trat die „Convention for Limiting the Manufacture and Regulating the Distribution of Narcotic Drugs" (bekannt als die „Narcotic Limitation Convention aus 1931") in Kraft, nachdem sie der U.S. Senate bereits 1932 ratifiziert hatte. 63 Nationen traten diesem Abkommen bei. Die Genfer Konferenz von 1936 etablierte die internationale Zusammenarbeit hinsichtlich der strafrechtlichen und sicherheitspolitischen Anteile der Unterdrückung des illegalen Drogenhandels. Dieses Übereinkommen erforderte die Anpassung bereits bestehender nationaler Gesetze an die Vorschläge der Gruppe. Bis 1943 geschah diese Anpassung in 12 Nationen. 1946 übernahmen dann die Vereinten Nationen die Funktionen und Gewalten, die vordem vom Völkerbund ausgeübt worden waren. Ein Narkotika-Komitee wurde konstituiert.

Der historische Hintergrund der Heroinkontrolle

Der erste spezifische Vorschlag bezüglich der Kontrolle des Heroin im internationalen Kontext wurde 1923 vom Völkerbund Subkommittee für Gesundheit und Opium vorgebracht: „In view of the fact that a question is being raised as to the possibility of prohibiting the manufacture of heroin ... the mixed Sub-Committee, composed of technical experts, agrees, having regard to the small therapeutic value and the harmful effects of diacetyl-morphine (Heroin), to advocate the prohibition of its manufacture." Heroin als Problemdroge Heroin wurde zunächst aufgrund der Entwicklung in drei Ländern als Problemdroge identifiziert.

In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen kam es in China, Ägypten und den USA zu einem rapiden Anstieg des Heroinmissbrauchs. Von diesen drei Ländern wurden sowohl nationale Initiativen in Gang gesetzt, das Problem im eigenen Land in den Griff zu bekommen, wie auch internationale Kooperation im Kampf gegen den Heroinmissbrauch gefordert. Diese internationale Kooperation sollte, wenn es nach den Vorstellungen der drei betroffenen Länder gegangen wäre, bereits in den 30er-Jahren zu einer ähnlichen internationalen Gesetzeslage führen, wie sie heute in Kraft ist.