Praxis der Viszeralchirurgie - Onkologische Chirurgie

von: J. R. Siewert, Matthias Rothmund, Volker Schumpelick

Springer-Verlag, 2006

ISBN: 9783540300366 , 917 Seiten

2. Auflage

Format: PDF, OL

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Preis: 179,99 EUR

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Praxis der Viszeralchirurgie - Onkologische Chirurgie


 

4 Epidemiologie bösartiger Neubildungen (S. 35-36)

Im ersten Teil des Beitrages werden Datenquellen (Todesursachenstatistik, Krebsregister), grundlegende Maßgrößen (Inzidenz- und Mortalitätsrate, relatives und attributables Risiko) und Studientypen (Follow-up-Studie, Fall-Kontroll-Studie, Interventionsstudie) eingeführt. Im zweiten Teil wird ein Überblick über Ergebnisse der Krebsepidemiologie gegeben: die Entwicklung der Krebssterblichkeit mit – soweit verfügbar – Zahlen zur Krebsinzidenz in Deutschland, die maßgeblichen Ursachen der Krebskrankheiten sowie Möglichkeiten zur primären und sekundären Prävention.

4.1 Einleitung

Lange Latenzzeiten, eine multifaktorielle Verursachung und eine bei den meisten Agenzien vergleichsweise geringe Risikoerhohung machen es bis auf wenige Ausnahmen unmoglich, auf individueller Ebene die Ursachen von Krebserkrankungen zu identifizieren. Aus diesem Grund ist man darauf angewiesen, gruppentypische Unterschiede in gegenuber bestimmten Agenzien verschieden stark exponierten Bevolkerungsgruppen aufzuspuren und zu quantifizieren. Dies ist die Aufgabe der Epidemiologie, die definiert werden kann als die Wissenschaft vom Auftreten von Krankheiten in menschlichen Bevolkerungen bzw. Bevolkerungsgruppen und seinen Ursachen.

Aufgrund der bevölkerungsbezogenen Betrachtungsweise wird also der Blick gewissermasen aus der Vogelperspektive auf das Krankheitsgeschehen geworfen. Man erhalt damit kaum Einblick in die biologischen Ablaufe der Karzinogenese. Ziel der Epidemiologie ist dementsprechend auch weniger, zum mechanistischen Verstandnis der Krebsentstehung beizutragen, als vielmehr die Wissensgrundlagen dafur zu schaffen, Pravention zu betreiben und Strategien hierfur zu entwickeln.

Die Erfahrung lehrt, dass eine wirksame Pravention haufig bereits eingeleitet werden kann, bevor die Entstehungsmechanismen einer Krankheit biologisch genau verstanden sind. Beispiele hierfur sind bereits aus der Epidemiologie der Infektionskrankheiten bekannt, bei denen es vielfach genugte, die Ausbreitungswege zu erkennen und zu unterbrechen, z. T. lange bevor die bakteriellen oder viralen Erreger identifiziert und bekampft werden konnten. Beispiele aus der Krebsforschung sind der Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs oder beruflichen Expositionen und verschiedenen Krebsarten, bei denen nach Entdeckung jeweils unmittelbar Praventionsmasnahmen angegeben bzw. durchgefuhrt werden konnten, ohne zuvor die Pathogenese im einzelnen aufgeklart zu haben.

Die wesentlichen Ziele der Krebsepidemiologie lassen sich somit folgendermasen zusammenfassen: ,
- Quantifizierung von Inzidenz und Mortalitat sowie Beobachtung regionaler Unterschiede und zeitlicher Veranderungen, ,
- ,Erforschung der Atiologie: Identifizierung krebserregender Agenzien und Quantifizierung des Erkrankungsrisikos bei Exposition gegenuber diesen Agenzien, ,
-  ,Entwicklung von Strategien zur primaren Pravention bosartiger Neubildungen sowie zur Fruherkennung und -behandlung bereits Erkrankter (sekundare Pravention) und Prufung deren Wirksamkeit, ,
-  ,Nachverfolgung des Verlaufsschicksals an Krebs erkrankter Personen bzw. von unter einem erhohten Krebsrisiko stehenden Personen.

4.2 Datenquellen und Methoden

Die Berichterstattung uber die Haufigkeit von Krankheiten in menschlichen Bevolkerungen wird als deskriptive Epidemiologie bezeichnet. Sie gibt Auskunft uber das Krankheitsgeschehen in verschiedenen Landern bzw. in verschiedenen Regionen eines Landes hinsichtlich des sakularen zeitlichen Verlaufes und in Abhangigkeit vom Lebensalter. Krebsatlanten sind typische Bei spiele fur Veroffentlichungen aus diesem Bereich (s. unten). Die ätiologische Epidemiologie hat die Erforschung der Ursachen der Krankheiten zum Ziel. Sie bedient sich ganzlich anderer Methoden und unterscheidet sich insbesondere auch darin, welche Daten sie verwendet: Ein wesentlicher Unterschied zwischen deskriptiver und atiologischer Epidemiologie besteht darin, dass Erstere sich zumeist auf aggregierte Daten routinemasig erhobener Sammelstatistiken (amtliche Todesursachenstatistik, Daten von Krebsregistern) mit wenigen oder gar keinen Angaben zu individuellen Merkmalen stutzt. Die atiologische Epidemiologie dagegen erhebt ihre Daten stets gezielt, auf die jeweilige Fragestellung bezogen und auf individueller Ebene.

4.2.1 Datenquellen
Amtliche Todesursachenstatistik Fur die Beantwortung der Frage, wie haufig bestimmte Krankheiten in einem Land zur Todesursache werden bzw. an welchen Todesursachen die Menschen in einem Land versterben, ist die amtliche Todesursachenstatistik die grundlegende Datenquelle.