Medizinische Physik 3 - Medizinische Laserphysik

von: Josef F. Bille, Wolfgang C. Schlegel

Springer-Verlag, 2005

ISBN: 9783540266303 , 453 Seiten

Format: PDF, OL

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Preis: 78,22 EUR

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Medizinische Physik 3 - Medizinische Laserphysik


 

8 Konfokale Mikroskopie in der Genomforschung (S. 137-138)

C. Cremer

In dem hier vorgelegten Übersichtsbeitrag wird die Anwendung der konfokalen Laserscanning.uoreszenzmikroskopie (LSFM) in der Genomforschung an einigen konkreten Beispielen verdeutlicht, wobei Fragen der digitalen Mikroskopie und Bildverarbeitung im Vordergrund stehen. Insbesondere werden neue methodische Ansätze skizziert, mit Hilfe einer Kombination multispektraler molekularbiologischer Markierungstechniken mit Verfahren der konfokalen Mikroskopie und ihrer Weiterentwicklung, eine "spektrale Hochpräzisionsmikroskopie" jenseits der klassischen Auflösungsgrenzen der Fernfeldlichtmikroskopie "dicker", transparenter biologischer Objekte zu realisieren. Langfristig zeichnen sich damit Möglichkeiten ab, lichtmikroskopische Untersuchungen zur räumlichen Topologie des Genoms in dreidimensional konservierten ("intakten") Zellkernen mit molekularem Auflösungs "äquivalent" durchzuführen und damit zu einem vertieften Verständnis der Struktur-Funktions- Beziehung des menschlichen Genoms beizutragen.

8.1 Problemstellung
Die Erfindung des zusammengesetzten Mikroskops durch holländische, italienische und englische Optiker und Forscher vor rund drei Jahrhunderten bezeichnet den Beginn einer Entwicklung, die im Verlauf des 19. Jahrhunderts fundamentale Entdeckungen ermöglichte. Diese wurden zur Grundlage der modernen Biologie: Zelle, Zytoplasma, Zellkern und Chromosomen sind auch im Zeitalter der molekularen Medizin zentrale Begriffe der Wisenschaft vom Leben geblieben. Zellkerne im Körper von Säugern, beim Menschen beispielsweise, haben einen typischen Durchmesser von etwa 5–10 µm, während die in ihnen enthaltenen DNA-Stränge der 46 Chromosomen insgesamt etwa 7 Mrd. Basenpaare enthalten und rund 2m lang sind.

Diese zwei Meter DNA-Doppelhelix müssen in einem Volumen untergebracht werden, das einen rund zweihunderttausendmal kleineren Durchmesser hat, und zwar in einer Weise, die eine geordnete, vom Differenzierungsgrad der Zelle abhängige Transkription der in der DNA enthaltenen Information in RNA erlaubt. Darüber hinaus muss die Unterbringung dieser großen Menge von DNA im Zellkern so erfolgen, dass eine zuverlässige Verdopplung (Replikation) der chromosomalen DNA sowie eine e.ziente Reparatur von DNA-Schäden möglich ist.

Dies bedeutet, dass die entsprechenden Abschnitte der DNA in geeigneter Weise für die bei diesen Prozessen benötigten großen Proteinkomplexe zugänglich sein müssen. Weiterhin müssen die primären, bis zu hunderten von Kilobasen umfassenden RNA-Transkriptionsprodukte weiteren spezifischen Modifikationen (dem Splicing) unterworfen und anschließend (vermutlich an spezifischen Stellen, den Kernporen) aus dem Zellkern hinausgeschleust werden.

Schließlich müssen diese Probleme so gelöst werden, dass ein rascher Übergang der Zelle von der stoffwechselaktiven Interphase zur Mitose und umgekehrt statt.nden kann. Diese grundlegenden Bedingungen lassen eine geordnete dreidimensionale (3D) Genomorganisation vermuten, eine "Architektur" des Zellkerns, die sich im Laufe der Evolution als optimale Lösung des Struktur- Funktions-Problems entwickelt hat. Aus einer funktionellen Bedeutung der 3D-Genomorganisation ergibt sich als Konsequenz ihre Relevanz auch für pathologische Prozesse. Im Folgenden seien einige Beispiele genannt:

1. Die Schädigung der DNA durch ionisierende Strahlung oder andere Agentien, resultierend z.B. in DNA Doppelstrangbrüchen (DSB), führt je nach der Lokalisation im Genom in unterschiedlicher Häufigkeit zu sichtbaren Veränderungen (Aberrationen) an den Chromosomen (hot und cold spots). Es wird vermutet, dass dabei die jeweilige Sequenz der DNA sowie die Struktur und der Regulationszustand des Chromatins (Gesamtheit der chromosomalen DNA-/Proteinkomplexe) des Zellkerns von Bedeutung sind. Ebenso sind die zahlreichen Prozesse, durch die die Schäden repariert werden, abhängig von DNA Sequenz und Chromatinstruktur. So ist es z.B. wahrscheinlich, dass ionisierende Strahlung nur dann zu der mit einer chronisch myeloischen Leukämie (Ph+) funktionell korrelierten Chromosomentranslokation führt, wenn die 3D-Struktur der beteiligten Regionen auf Chromosom 9 und 22 die für die Bildung einer Translokation erforderliche gleichzeitige Bindung der Bruchpunktstellen an demselben Reparaturkomplex zulässt.